Digital oder analog – was gewinnt?

Digital oder analog – was gewinnt?

Sie sind zwei ganz besondere Vertreter des humoristischen Faches in Deutschland. Und mit einem großen kabarettistischen Rundumschlag haben Bettina Prokert und Maxim Hofmann in Herborn wieder einmal unter Beweis gestellt, warum sie bereits vor zehn Jahren den Herborner Schlumpeweck erhielten und inzwischen ihren festen Platz unter den erfolgreichsten Kabarett-Ensembles der Republik haben.

Zum siebten Mal stand das Duo nun auf der KuSch-Bühne und statt eines ursprünglich geplanten Best-Of-Programms zeigten die Wahl-Leipziger ihr noch ganz frisches Bühnenstück „Chip, Chip, Hurra!“ Und ja, das hält das, was der Name verspricht. Prokert und Hofmann, alias ihre beiden Alter Egos Silke Sump-Pretzsch und Thomas Lühmlich, zelebrieren auf der Bühne einen witzig-satirisch-musikalischen Schlagabtausch der analogen gegen die digitale Welt.

Welche Aufgaben kann und will der Mensch in Zukunft an einen Algorithmus abgeben? Job, Partnerwahl, Fitness, Autofahren? Während Frau Sumpf-Pretzsch als neuer „homo digitalensis“ von außen quasi nicht mehr erreichbar ist und von einer Karriere als Influencerin träumt, kämpft Feingeist Lühmlich für das Edle, das Feine und das Analoge. Aber auch er muss einsehen, dass Sprache ja ganz schön ist, aber Liebesgedichte kann auch die künstliche Sprachintelligenz produzieren und damit sogar den Literaturkritiker täuschen. Und so wird bei den Beiden der „Schiller vor dem leeren Blatt Papier“ ganz schnell zur Mitsing-Polonäse. Wofür noch selbst kreativ werden, wenn drei Emojis auch ganze Gedichtzeilen ausdrücken können?

Avatare, künstliche Intelligenzen – was passiert denn da mit uns? Alles liegt in einer Cloud. Kann man da Likes und Follower ins reale Leben übertragen? Bettina Prokert und Maxim Hofmann bieten in ihrem Parforceritt durch eine Welt aus Netz und Realität keine Lösungen, sie zeigen nur auf, was geschieht. Irgendwo zwischen Rübensirup-Orgasmus und dem Homeoffice. Da kann man schon mal die Krise kriegen, was auch den beiden passiert – und zwar in einem fünfminütigen herrlichen Impro-Medley. Aber Hauptsache, es gibt bald die passende App zum Joghurt-Kauf.

Natürlich kommen auch Frau Sumpf-Pretzsch und Herr Lühmlich nicht um die Aufarbeitung der vergangenen zwei Jahre herum: „Im Lockdown wurden Baumärkte nur deshalb geschlossen, damit Männer keine Kettensägen kaufen konnten“, weiß das Duo um das Konfliktpotenzial für viele Partnerschaften. Und die beiden gehen das Thema Impfen auch sehr pragmatisch an, denn wenn sich die Menschen aus Angst vor ner Spritze „nicht mal mehr einen Aperol Spritz bestellen“, dann muss eben das gute alte Blasrohr den Rest übernehmen.

Wie sieht die Zukunft aus, wenn es nach Weltkritik geht? Nun ja, der „Borkenkäfer übernimmt die Weltherrschaft.“ Auch der Klimawandel wird interessante Folgen haben: „Der Fichtelberg wird in der Ostsee liegen und ist dann eine Art Tropical Island – allerdings mit einer Randfichte statt Palmen.“
Und eines ist überhaupt ganz klar: „Zukunft ist wie Beton – es kommt nur drauf an, was man draus macht!“ In diesem Sinne: Chip, Chip, Hurra!

 

 

Gert Fabritius

Jörg Michael Simmer