Mitreißend, verrückt, komisch

Mitreißend, verrückt, komisch
Im vorigen Jahr hatte die „KulturzAUber“-Reihe des Vereins der Herborner „KulturScheune“ („KuSch“) auf der Open-Air-Bühne hinter dem altehrwürdigen Scheunengebäude eine furiose Premiere hingelegt. Doch diesmal fiel der Auftakt buchstäblich ins Wasser: Wegen des Gewittergusses am Mittwoch musste die Fangemeinde des Duos „Die Feisten“ kurzerhand in die „KuSch“ umziehen.
Der guten Laune tat das keinen Abbruch. Mit dreiviertelstündiger Verspätung gaben die beiden in Herborn immer wieder gerne gesehenen Multi-Instrumentalisten ihr Bestes und noch Einiges darüber hinaus, um die Siedetemperatur im brechend vollen Saal noch um einige Grade mehr zu erhöhen.
Mit dem Feinsten aus ihrem umfangreichen Repertoire beglückten Mathias „C.“ Zeh und Rainer Schacht ihre von Beginn an begeistert mitgehenden Zuhörer, welche sich von dem vortrefflichen Ohrwurm-Mix aus Pop, Rock, R’n’B, Reggae, Samba und Schlager auf Touren bringen ließen. Dabei traf ihre handgemachte Musik auf geballte Komik und lyrisch feingeschliffene Lebensweisheiten in den Texten, die reichlich Futter für die Lachmuskulatur boten.
Endlich konnten die zwei einem wieder größeren Publikum ins Gesicht schauen, wähnten sich nicht mehr in einer Sektenveranstaltung und konnten ein Stück Show-Normalität abliefern. Frischwärts aufgedreht, boten sie als Jean-Jacques und Jerome einen diskreten Service für Männer mit Stil an und berichteten von den Vorzügen der TV-Verkaufskanäle, mit denen man sich schlaflose Nächte um die Ohren schlagen kann. Die seien schließlich besser als jeder Comedy Act.
„C.“ und Rainer fuhren ein großes Sammelsurium an Saiteninstrumenten inklusive Sitar und Schlagwerk auf, um ihren schrägen, schrillen und wunderbar komischen Geschichten den nötigen Beat zu geben. Selbst die banalsten Erlebnisse und Erkenntnisse aus dem alltäglichen Leben, bei dem es mal um den schnarchenden Partner, um „Schulze, den Inder“ („Ranjid“), oder um eine dralle Sexbombe geht, die letztlich auf ihrer inneren Werte Wert legt, gerieten bei ihnen zu purer Poesie.
Die Liebe in all ihren Facetten war natürlich das zentrale Thema des Duos aus Kassel und Mannheim, das sich zum Verfassen neuer Songs an einem abgelegenen Ort trifft. Und so singen sie zur Melodie von „Quando Quando Quando“ über einen reichen, alten Knacker, der eine junge, schöne, blonde Frau („Prunzuela“) heiratet, um am Ende im Suff unterzugehen. Natürlich lassen sie auch „Gänseblümchen“, das immer noch f….. will, erklingen, während sie in „Das Rezept“ die wahre Liebe beschwören. So sollte ein Mann seine Frau auf Händen tragen, auch wenn sie viel zu schwer ist, und sie sollte durchaus Komplimente auf seine Nasenhaare machen, auch wenn es ihr schwerfällt.
Sie erzählen vom feuchtfröhlich, aber von altersbegründeten Problemen begleiteten „Junggesellenabschied mit über 50“, warnen vor dem Griff in die Nussschale auf Kneipentheken und erinnern sich an die Dorfkneipenwirtin „Flamingo Dolores“.
Mit stoischer Ruhe schipperten sich „C.“ und Rainer durch ein eskalierendes Publikum, das oft schon vor dem eigentlichen Ende des Songs vor Lachen zerplatzte. Für die ausgemachten Schlagerfans, die den „Junge mit der Monika“ feiern, und in der Power-Ballade „Radio mit Uwe und Claus“ dem Morgenschlaf Paroli bieten, hieß es bis zum Schluss mit begnadeten Texten und eingängigen Melodien, die hohe Kunst der Kleinkunst zu zelebrieren.
Ihren Fans statteten „Die Feisten“ ihren Dank dafür ab, mit dazu beigetragen zu haben, dass ihnen die Wiedereingliederung ins Berufsleben so vortrefflich gelungen ist …

 

 

Gert Fabritius

Helmut Blecher