Herzblut und ganz viel Liebe

Herzblut und ganz viel Liebe

Wenn Ingo Oschmann auftritt, dann kann man sicher sein: Es ist ganz viel Liebe im Raum. Liebe und Herzblut – eine Mischung, die es so wohl bei keinem anderen deutschen Komiker gibt, und die im Handumdrehen eine echte Feelgood-Verbindung zu seinem Publikum entstehen lässt.

So auch bei seinem Auftritt in der Herborner KulturScheune, wo der Wahl-Düsseldorfer aus Bielefeld zum inzwischen neunten Mal bei einer Veranstaltung der KuSch gastierte. „Scherztherapie“ nennt der zweifache Familienvater sein neues Programm – und wer hier wen therapiert, darüber darf man noch streiten.

Das Programm des 53-jährigen Sympathieträgers, der in Herborn eine treue Fanschar hat und nicht nur deshalb immer wieder gerne „nach Hause“ kommt, ist eigentlich gar kein klassisches Programm, sondern eine absolut unterhaltsame und gelungene Mischung aus persönlichen Lebensgeschichten, Improvisationen, Witzen und verblüffenden Zaubertricks.

Die Interaktion mit dem Publikum ist natürlich eine ganz große Stärke, wie auch die Tatsache, dass sich der Komiker, der 2003 mit dem Gewinn der SAT1-Show „Star Search“ einen raketenhaften Aufstieg in die Bühnen- und TV-Landschaft hinlegte, selbst nicht so ganz ernst nimmt und gerne Witze über seine eigene körperliche Vergänglichkeit einstreut.

Ingo Oschmann erzählt Geschichten, auch über seine Familie. Seit einigen Jahren mit seiner Frau sowie den Söhnen Theo und Anton in Düsseldorf zu Hause, erinnert er sich an eine Halloween-Aktion, in der ein Vampir (er selbst) und ein Meerschweinchen eine Rolle spielen, er erzählt den Lieblingswitz seiner Frau – bei dem am Ende der Ehemann stirbt und berichtet von einer kurzen Konversation mit Fragezeichen: „Einer von uns beiden ist klüger als du.“ Wo ist das Fragezeichen?

Die lange Auftrittspause habe ihm, der doch den Applaus brauche, schwer zugesetzt. Aber seine Familie habe ihn gerettet: Indem sie morgens applaudierte, wenn er aufstand. Er sei einmal nachts nach Hause gekommen und habe das Licht nicht anmachen wollen, damit niemand aufwacht. Der Boden im Wohnzimmer habe sich aber ganz anders angefühlt. Das sei Sand, habe ihm die Frau am nächsten Morgen eröffnet, der sei im Angebot gewesen. Wenn’s draußen regnet, könnten die Kinder drin spielen – so sei seine Frau. Glaubt man nicht? Ist aber tatsächlich so gewesen!

Er ist kein Kabarettist, so seine Selbsteinschätzung, was ihn freilich nicht hindert, eine Meinung zu den handelnden Politikern zu haben und einen Witz über Putin zum Besten zu geben: „Putin stirbt, kommt in die Hölle und wird nach einigen Jahren für einen Tag nach Moskau zurückgeschickt. Er fragt den Kellner, ob die Krim und der Donbas noch „zu uns“ gehören. Dieser bejaht und verlangt fünf Euro für den Wodka…“

Dass Oschmanns Herz der Zauberei gehört, merkt man dem umtriebigen Macher, der drei (!) Podcasts und einen Zaubershop betreibt, bei einigen interaktiven Spielen an. Wie kann es ein, dass von 260 Personen, die sich nacheinander einen Städtenamen, einen Beruf, eine Tätigkeit, eine Blume und eine Obstsorte ausdenken und jeweils den nächsten Begriff mit dem letzten Buchstaben des letzten Wortes beginnen, die meisten am Ende „Erdbeere“ als Ergebnis haben? Die Antwort kennt nur der Magier.

Eine Zuschauerin lässt er verborgen würfeln und anschließend die Zahlen eins bis sechs hoch und runter zählen. Zielsicher erkennt Oschmann, um welche Zahl es sich handelte: Einmal an der Stimmfärbung, einmal an der Fußhaltung. Das Denkwürdige an dem Abend: Auch ihr Ehemann liegt zweimal richtig.

Ingo Oschmann will nicht die Welt verändern, sondern nur, dass das Publikum bei ihm für eine Weile die Sorgen vergessen kann. Stehende Ovationen am Ende in der mit Herzblut und Liebe getränkten KuSch zeigten, dass dem Künstler dieses Vorhaben gelungen ist.

 

 

Gert Fabritius