Mackefisch

Schaut man sich die Rezensionen ihres Schaffens im Internet an, dann fallen Begriffe wie „bissig, frech oder poetisch“. Man könnte die musikalische Methode mit Schlagworten wie impulsiv, poppig, aber auch harmonisierend erklären. Ihr selbst ernanntes Genre ist „Liederpoetrykabarettwahnsinn“ und dem kommen die beiden Mannheimer sehr nahe. Man nehme einen Virtuosen am Klavier, kombiniere dazu eine Multiinstrumentalistin samt selbstgebauter Koffer-Bassdrum sowie jede Menge weitere Instrumente wie Gitarre, Banjo-Ukulele, Drumsticks oder Melodica – und fertig ist eines der aktuell spannendsten Duos der Kleinkunstszene. Wenn sich betörender zweistimmiger Gesang mit bisweilen energetischen Beats abwechselt, sich dazu noch Texte garnieren lassen, deren Bedeutung nachhallt – dann ist man von einem „Harmonieniedergang“ (so der Titel ihres brandneuen Programms) eigentlich weit entfernt. Dann nämlich haben sie dich gefangen und du bist neugierig geworden. Das macht Lust auf mehr und aus diesem Grund geht ein Jurypreis des 15. Herborner Schlumpeweck völlig zurecht an Lucie Mackert und Peter Fischer alias Mackefisch.

Dr. Pop

Ein Mann und sein Pad erklären die (Musik-) Welt. Er ist nicht der Arzt, dem die Frauen vertrauen, sondern hat in Medienwissenschaften und Popmusik promoviert. Und statt im Hörsaal die Studierenden therapiert er nun lieber sein Publikum. Wobei er den Konflikt mit manchen Hardcore-Fans nicht scheut, wohingegen manch ein Künstler eher traurig ist, dass seine Songs von ihm noch nicht seziert wurden. Mit einer unglaublich hohen Bühnenenergie fegt er durch die Musikgeschichte zwischen Pachelbel und den Amigos, zwischen Gangsterrap und Helene Fischer. Nie oberlehrerhaft, sondern immer nah am Song. Nie langatmig, sondern immer unterhaltsam. Das ist „Hitverdächtig“ (wie sein Programm heißt), das macht seine Figur und seine neue Form der Bühnenkunst aus. Und deshalb geht ein weiterer Jurypreis des 15. Herborner Schlumpeweck ebenfalls hoch verdient an Markus Henrik, alias Doktor Pop.

Kaiser & Plain

Der Fluch ist gebrochen: Die beiden selbsternannten „Kleinkunsthuren“, die nach eigener Aussage bislang bei Kleinkunstpreisen immer nur Letzte wurden, haben es geschafft – endlich ein Preis. Seit rund zehn Jahren gemeinsam auf den deutschen Bühnen unterwegs, sind sie wie ein altes Ehepaar, ohne freilich jemals eins gewesen zu sein. Aber vielleicht ist genau das das Geheimnis, das intensive Abende mit diesem Duo erst ermöglicht. Sie nehmen uns mit auf eine Reise durch wechselnde Gemütslagen von Liebe, Stolz und Eifersucht in höchsten Tönen über Melancholie und Furcht zu Glück und Zuversicht. Witzig und gleichzeitig tiefgründig sind die eigenen Texte und Kompositionen, der Gesang (häufig zweistimmig und absolut on point) ein Genuss. Zusätzliche Dynamik bekommt ihre Performance durch die gegenseitigen ironischen Anspielungen von Sängerin und Pianist. Sie als erotisch, freche Diva oder unschuldiges Mädchen vom Lande. Er souverän, aber auch doppeldeutig. Und am Ende war deshalb für die Jury gemäß ihrer eigenen Textzeile „Kleinkunstpreise sind wie Hämorrhoiden, irgendwann bekommt jeder Arsch welche“ klar, dass ein Jurypreis 2022 beim 15. Herborner Schlumpeweck an Virginia Plain und David Kaiser gehen MUSS.

Florian Wagner

Er kam, sah und räumte ab: Wenn man als Nachrücker das Publikum im Nu abholt, dann hat man vieles richtig gemacht. Er weiß genau: „Jeder liebt Musik“, und er hat eine gute Vorstellungskraft, denn nicht umsonst hat Mozart bei ihm Helene Fischer neu interpretiert oder Tschaikowsky das Pippi-Langstrumpf-Thema. Die Crossover-Clips der besonderen Art sind ein fester Baustein seines Programms, in dem sein enormes handwerkliches Können mehr als nur aufblitzt. Gepaart mit einer schüchternen Zurückhaltung nimmt das den Besucher von Beginn an mit. Er hat Mut („Welcher Künstler startet schon mit einem absichtlich richtig „Schlechten Lied“ ins Programm?), aber er weiß auch um die Kraft der Musik, die am Ende wieder alles und jeden einfängt. Egal ob exstatisch im Stehen oder beim „Tanzen im Sitzen“ – ein Genre, das er ganz nebenbei erfunden hat. Bei ihm paaren sich großes Können und ebenso große Lockerheit und er schafft es so nahezu spielerisch, aus einem Abend seinen Abend zu machen. Das sah offenbar auch das Publikum so und hat ihm zurecht den Publikumspreis des 15. Herborner Schlumpeweck zuerkannt.