Die Kraft der Musik

Die Kraft der Musik

Alles wie gehabt: Sechs Endrunden-Acts, eine sachkundige Jury, vier Hauptsponsoren – sie alle bilden den Rahnem für den 15. Wettbewerb um den Herborner Kleinkunstpreis „Schlumpeweck“ in der „KulturScheune.“ Am Montagabend ging es los – und das musikalisch.

Den Auftakt im Ringen um die wertvollen Skulpturen und das Preisgeld von 8000 Euro bestritten „Dr. Pop“, der Arzt fürs Musikalische, und das Musikkabarett-Duo „Mackefisch“. Das Publikum konnte sich dabei ein Bild davon machen, dass Musik nicht nur für gute Laune sorgt, sondern auch schlau macht.

Bissig, frech und musikalisch hochtalentiert sind „Mackefisch“ alias Lucie Mackert und Peter Fischer aus Mannheim, die trotz ihrer jungen Jahre schon einen festen Platz im deutschsprachigen Musikkabarett erobert haben. Und auch bei ihrem Herborner Debüt hinterließen sie einen guten Eindruck.

Die Art und Weise, wie sie die großen und kleinen Dinge des Weltgeschehens in lyrisch und musikalisch anspruchsvolle und zugleich eingängige Lieder verpacken, ließ niemand unberührt.

Ob im Polka- oder Walzer-Rhythmus: „Mackefisch“ tanzen poetisch durch aufgeräumte Zimmer, die sie bei ihren Video-Chats ausmachen, und ihrer Mattigkeit geben sie in einem in einem Jogger-Tagebuch gerne mal die Sporen. Während sich Peter Fischer am E-Piano dem Lieder-Poetry-Kabarett-Wahnsinn mit Glitzerklang hingibt, sorgt Luise Mackert mit Gitarre und allerlei anderem Instrumentarium für die Feinjustierung ihrer Lieder, in denen sie mal die Zeit zurückdrehen oder sich Blicke in die Zukunft leisten, in der sich möglicherweise ihre Enkel als Ego-Ekelschweine erweisen. Von wem haben sie das bloß abgeschaut?

Mit zweistimmigem Gesang, der zum Dahinschmelzen ist, setzen sie auf ihre Bereitschaft zur Veränderung. Stets für alles Neue ist das Duo bereit, aber auch für die Bewahrung dessen, was lebenswert ist. Zuvor wird noch der Untergang im Glitzerklang gefeiert, um danach mit Feingefühl und Sinn für Humor die Notwendigkeit zu Veränderungen in unserer Haltung zu unserer Umwelt ins Visier zu nehmen.

Kann man einen Doktortitel im Popmusik machen? „Dr. Pop“ alias Markus Henrik, der Medienwissenschaften und Popmusik in den vier großen Popmusik-Metropolen dieser Welt – in Manchester und Liverpool, aber auch Paderborn und Detmold – studiert hat, entschlüsselt mit diversen Sample-Packs, was es mit den Spielarten dieses Genres so auf sich hat.

Alles nur geklaut, müsste die Erkenntnis lauten, wenn beispielsweise aus einer über 300 Jahre alten Melodie bis heute immer neue Hits produziert wurden. Man denke beispielsweise nur an den legendären Nürnberger Komponisten Johann Pachelbel (1653 – 1706), dessen „Kanon in D Dur“ sowohl dem Joe-Dassin-Chanson „Les Champs-Élysées“ von 1969 als auch dem „Maroon 5“-Hit „Memories“ von 2019 zugrundeliegt.

„Musik kann uns prägen und mitreißen. Musik kann uns durch schlechte Zeiten bringen, auch wenn sie schlecht gesungen ist“, sagt „Dr. Pop“. Alles klingt gut und besser, auch der Gesang von Britney Spears, wenn es mit viel Technik und Tricks klangvoll aufgemotzt wird.

Doch nicht nur nach der reinen Stimme, forscht der Musikdoktor. Genüsslich nimmt er die lyrische Ungereimtheiten im Schlager oder in den kuriosen Reimen diverser Gangsterrapper aufs Korn: „Du liest manchmal Goethe und Faust“ oder „Ich bin potenter als ein Ochse“.

Am Klavier kurbelt „Dr. Pop“ die Libido an – oder doch die Motivation zum Sport? Welche Musik macht schlau? Und welche geistig taub?

Darüber hinaus lässt er mit Witz und Chuzpe die Stars und Sternchen der Popmusik Revue passieren und macht dabei auch vor den „Amigos“ nicht halt, die sich jede Nacht von Elvis Presley in den Schlaf singen lassen.

 

 

Gert Fabritius

Helmut Blecher