Komisch und dabei immer geistreich

Komisch und dabei immer geistreich

Die Vielfalt der Kleinkunst feiert mit der 13. Auflage des Herborner Schlumpewecks fröhliche Urständ‘ – trotz Einhaltung der Hygienevorschriften. Ins Rennen um die Preisgelder von jeweils 2000 Euro und die wertvollen Bronzeskulpturen des Schlumpewecks gingen am ersten Wettbewerbsabend der palästinensisch-deutsche Comedian Amjad und der Klavier-Kabarettist Mathias Reuter ins Rennen, die für angstausmerzende Lacher und intelligenten Witz, gepaart mit virtuosem Klavierspiel, sorgten.

„Wenn ich groß bin, werd‘ ich Kleinkünstler“, hatte Matthias Reuter einst als Kind verkündet. Heute ist er einer – und was für einer. Mit enormen Sprachwitz, munterem Pianospiel und der Fähigkeit, komisch und dabei äußerst geistreich und dramatisch zu sein, konnte der Mann aus dem Ruhrpott von Beginn an das Herborner Publikum für sich einnehmen.

Zwischen Liebe und Lyrik am Klavier agierend, zeigte er sich dabei den Geistesblitzen eines Wilhelm Busch oder eines Georg Kreisler mehr als würdig. Kurz und knackig waren Reuters Lieder („Musik sollte im öffentlichen Raum nicht zu lang sein“). Von köstlicher Boshaftigkeit durchdrungen und immer nah dran am realen Irrsinn waren seine Geschichten und Gedichte, bei denen ihm auch hin und wieder der Schalk à la Heinz Erhardt im Nacken saß.

Im Boogie-Rhythmus ließ sich der Kabarettist und Satiriker über das NRW-Bildungsproblem und die Probleme, die NRW-Prominente mit NRW-Abitur erzeugen, genüsslich aus und sang mit Inbrunst gegen den Hass in Deutschland an.

Wie sich Kraftausdrücke dreier Jugendlicher anhören, denen am Bahnhof das Fahrgeld nach Hause fehlt, und sie so um einen flehentlichen, unterwürfigen Anruf bei den Eltern zwecks Abholung nicht herumkamen („Hab ich klargemacht, der Bastard holt uns ab“), bereitete den Zuschauern ebenso einen Heidenspaß, wie seine Fabel über Rüstungsexporte („Der pazifistische Hase“) oder die „Russische Hacker“, die einfach alles können.

Mit einem Stimmungslied über die Oktoberfeste im Ruhrgebiet („Wir ziehn den Bayern die Lederhosen aus“) verabschiedete sich Matthias Reuter vom KuSch-Publikum; das seinen Auftritt mit überschwänglichem Beifall würdigte.

„Lachen verbreiten – Angst vermeiden“, das hat sich Amjad, der erste palästinensische Comedian, zur Aufgabe gemacht. In Herborn verbreitete der Schlumpeweck-Kandidat jedenfalls eine „Bombenstimmung“, die zwar nicht immer mit großem Knalleffekt zündete, aber demonstrierte, dass man beim Austausch der deutschen und arabischen Kultur auch ohne die üblichen Klischees auskommen kann. In Amjads Brust wohnen zwei Seelen, die schon zu Zweideutigkeiten verleiten, wie beim Umgang mit deutschen Bräuchen. Und so wird der traditionelle Frühschoppen zum frühen Shopping in der Einkaufs-Mall am verkaufsoffenen Sonntag. Und wer als Muslim aus Versehen in Schweinefleisch beißt, welches ihnen laut Amjad nur gestattet ist, wenn es islamisch beschnitten ist, kann dennoch auf Absolution wegen Unwissenheit hoffen.

„Wir müssen lockerer werden“, verkündete Amjad, der seine persönlichen Erfahrungen auf eine sympathische Weise humoristisch zu präsentieren verstand. Zu guter Letzt lüftete der Comedian das Geheimnis um den Inhalt seines Rucksacks, aus dem er eine Donald-Duck-Puppe hervorholte. Im quakenden Tonfall des Enterichs ließ er Donald vom Leder ziehen und streichelte ihn dabei liebevoll über seinen Pürzel, der täuschende Ähnlichkeit mit Donald Trumps Föhnwelle hatte.

Mit Matthias Reuter und Amjad haben sich zwei heiße Anwärter im Rennen um den Schlumpeweck präsentiert.

 

 

 

Gert Fabritius

Helmut Blecher