Eine leuchtende Kleinkunst-Supernova

Eine leuchtende Kleinkunst-Supernova

Beglückender hätte der Start in die neue Spielzeit der Herborner „KulturScheune“ nicht sein können als mit dem Schweizer Duo „Les Papillons“. Zwei Stunden lang zündeten Violinist Giovanni Reber und Pianist Michael Giertz am Donnerstagabend ein musikalisches Feuerwerk, das mit großartigen Melodien aus Klassik, Pop und Filmmusik gespickt war. „Supernova“ nennen die Gewinner des Herborner Kleinkunstpreises „Schlumpeweck“ von 2016 ganz unbescheiden ihr neues Programm, das in der Bärenstadt seine Weltpremiere erlebte.
20 Jahre gemeinsamer Bühnengeschichte haben „Les Papillons“ mittlerweile hinter sich. Routinierter und abgeklärter sind sie in dieser Zeit wohl geworden, aber mehr noch stehen Frische, Vitalität, unbändige Spielfreude und ein Hauch von Genialität auf dem Spielplan ihres außergewöhnlichen Programms.

Die Corona-Zwangspause glücklich hinter sich lassend, zelebrierte das Duo seine persönlichen Sternstunden, die es taufrisch bearbeitet, veredelt und arrangiert hatte. Mit Richard Strauss‘ „Also sprach Zarathustra“ düsten die Schweizer sodann in die Schwerelosigkeit des Weltalls, um mit Major Tom aus David Bowies „Space Oddity“ Kontakt aufzunehmen. Doch nicht nur völlig losgelöst von der Erde war ihr Auftritt. Giovanni Reber und Michael Giertz zeigten sich irdischen Elementen außerordentlich zugetan.

Dass Musik als Lebensretter Herz und Seele belebt, belegten sie unter anderem mit „Stayin‘ Alive“ von den „Bee Gees“. Nahtlos verwoben wurden Titel und Themen mit- und ineinander wie beim rasanten Ritt durch die Welt des großen Geldes, dem sie mit „Money Makes The World Go Round“ aus dem Musical „Cabaret“ sowie „Money, Money, Money“ und „The Winner Takes It All“ von „Abba“ ordentlich die Sporen gaben. Wieselflink flogen Michael Giertz‘ Finger über die Klaviertastatur, nicht minder furios war das Tempo des Teufelsgeigers Giovanni Reber.

Sie gönnten sich und dem begeisterten Publikum keine Atempause. Schließlich war die Menge der angestimmten Hits, Evergreens und Klassiker fast so zahlreich wie die Sterne in der Milchstraße.

Vom Wilden Westen, der mit einer Kurzversion des Soundtracks zu „Spiel mir das Lied vom Tod“ durchstreift wurde, an der Ennio Morricone wohl seine helle Freude gehabt hätte, landete das Duo mit Csárdás-Klängen und Klezmer auch noch im „Wilden Osten“.

Die Show von „Les Papillons“, die mit Musik die ganze Welt umarmte, war voller Überraschungen, virtuos wild und von einer nicht verglühen wollenden Energie angetrieben. Das Publikum kam mit auf eine Reise, die für einen Moment Raum und Zeit, Ängste und Sorgen vergessen ließ. Über 100 Stücke (!) umfasste ihre Jagd auf Ohrwürmer, die sie mit mimischer Theatralik und fesselnder Performance auf den Weg brachten.

Jenseits von Comedy und üblichem Musikkabarett verliehen „Les Papillons“ Mozart und Beethoven, Freddie Mercury und den „Beatles“ einen neuen Klang, einen Sound, der berauschend war wie ein Sternschnuppenregen.

Darauf gab es ein „Ave Maria“ und ein Hoch auf das schönste Thema nach Fußball, die Liebe. Befeuert von „Queens“ Monsterhit „Bohemian Rhapsody“, Schillers/Beethovens „Ode an die Freude“, „Dreamer“ von „Supertramp“ und dem mit Luftsprüngen von Giovanni Reber angereicherten „(I Can’t Get No) Satisfaction“ der „Rolling Stones“, war man dabei auf der ekstatischen Seite der Liebe. Und zufrieden war die Zuhörerschar danach noch lange nicht, schließlich gab es – wie für Edith Piaf („Je ne regrette rien“) – absolut nichts zu bereuen. Nicht wie „Strangers In The Night“, sondern mit dem Bewusstsein, an einem musikalischen Familienfest teilzuhaben, feierten die Gäste „Les Papillons“ mit stürmischem Applaus.

Mehrerer Zugaben bedurfte es, bis man bereit war, von einander zu lassen. Mit „Don’t Worry Be Happy“ und „Monty Pythons“ Filmhit „Always Look On The Bright Side Of Life“ vermittelten „Les Papillons“, die in der „KulturScheune“ längst Heimspielrecht genießen, das Gefühl, auf der richtigen Seite des Lebens zu stehen.

Ermöglicht wurde der Auftritt von „Les Papillons“ nicht zuletzt dank der Förderung durch den „Kultursommer Mittelhessen“.

 

 

Gert Fabritius

Helmut Blecher