Begnadete Melancholikerin mit Humorgarantie

Begnadete Melancholikerin mit Humorgarantie

Es war auch an der Zeit, dass Tina Teubner dem Herborner Publikum ihre Aufwartung machte. Unterstützt von ihrem langjährigen Pianisten Ben Süverkrüp – dem Mann, vor dem Klaviere zittern –, machte sie in der „KulturScheune“ in Szenen und Songs Welttheater für alle. Je wahnsinniger und absurder die Welt wird, desto wahrhaftiger blickte sie der aus den Fugen geratenen Welt ins Auge.

Tina Teubner gibt sich schroff, dabei ist sie eigentlich ganz lieb. Und auch die wenigen Männer müssen sich nicht gleich ängstlich wegducken. Wenn sie mit bösem Sarkasmus in ihrem Lied „Ohne Dich war es immer so schön“, das auch gleichzeitig Titel ihres Programms ist, den Frauen den Rücken stärkt.

Dabei sieht sie, wie sich die Welt nicht zum Besseren verändert hat. „Alles, was Spaß macht, ist heute nicht mehr im Trend“, sagt sie und konstatiert mit ihrer wunderschönen Gesangsstimme: „Die Welt hat ihre Bedienungsanleitung verloren.“ Statt ständig etwas erleben zu wollen, nörgeln wir laut Teubner an unseren Liebsten herum und „nehmen uns mit Botox das Leben aus dem Gesicht“, wie sie in „Lieber schön alt werden als hässlich jung bleiben“ verrät. In ihrer kleinen Arschlochkunde“ geht sie den gefährlichen Psychopathen an den Kragen: „Wo bei uns das Mitgefühl sitzt, da haben die einfach Bauschaum. Das ist die Störung, die die Mehrzahl aller Kriminellen und die Mehrzahl aller Topmanager haben.“

Tina Teubner, begnadete Melancholikerin mit ausgeprägter Tendenz zu humorvollen Lösungen, erteilt ihrem begeistert mitgehenden Publikum Lektionen, wie man mit Poesie stressfrei durchs Leben geht. Sie entdeckt nach eigenen Angaben im Drama die Komik und in der Komik das Abgründige. Und mit dieser Überspitzung möchte sie das Publikum wachrütteln. Dazu lässt sie mal die singende Säge und die Violone weinen. Ben Süverkrüp greift dazu mit großem Elan in die Tasten und zeigt bei seinem Musik-Tourette-Solo, wie man Mozart und die „Lindenstraßen“-Melodie unter einen Hut bekommt.

Am Ende sind alle glücklich und stimmen befreit mit Tina Teubner Brahms‘ „Guten Abend, gut‘ Nacht“ an.

 

 

Gert Fabritius

Helmut Blecher