Große Klappe, viel dahinter

Große Klappe, viel dahinter

Überall, wo der Puppenspieler Michael Hatzius mit seinem großmäuligen Reptil auftaucht, strömen die Massen in Scharen herbei, um sich Geschichten voller Weisheit und Erkenntnisse voller Wahrheiten auftischen zu lassen. So auch am Samstagabend in der ausverkauften Kulturscheune, wo Hatzius sein aktuelles Programm „Echsoterik“ präsentierte.

Gekonnt verschwand Michael Hatzius während seines Auftritts hinter der prolligen Aura des mit frecher Zunge auftrumpfenden Reptils, das dem Publikum die Welt erklärt. Nicht immer freundlich und gesittet, dafür umso mehr mit lakonischem Humor und bissigem Sarkasmus, verlieh der mehrfach ausgezeichneten Puppenspieler und Kabarettist seiner Echse regelrecht philosophische Züge.

In klassischer Slapstick-Manier gab Michael Hatzius zu Beginn den zaubernden Clown mit Pappnase, nur um sich einzugestehen: „Die Leute wollen Puppen!“. Und so ließ der Puppenspieler zuerst die unter einem Tuch versteckten Schweine Steffi und Torsten aufeinander los. Man mobbte sich, was das Zeug hielt und sah sich nur als Schweinehälften im Kühlhaus gut aufgehoben. So unter aller Sau behandelt, machten sie sich mit einem quiekenden Rülpser von dannen, um der Zigarre paffenden Echse Platz zu machen.

Die Echse, die laut eigenem Bekunden seit dem Urknall auf der Erde wandelt, berichtete über ihre Erfahrungen auf der Arche Noah, wo sie Angeber wie das Zebra in die Schranken verwies und die Arche kurzerhand zur streifenfreien Zone erklärten. Bevor der improvisationsstarke Hatzius seine Echse auf eine rasante Interaktion mit dem Publikum ansetzte, machte er sich noch kurz über den schlechten Zustand der Menschheit her, die leider nicht über die Artenvielfalt wie im Tierreich verfüge.

Michael Hatzius hatte schnell die passenden Schlagwörter zusammen, um sie zu Geschichten mit großem Spaßeffekt zu formen. Allerdings nicht immer zum Vorteil für die Befragten. Der immer wieder gerne genommene Zwist zwischen Herborn und Dillenburg gipfelte im Handgeld für Dillenburger, die sich dafür auswärts für ihre Heimatstadt ins Zeug zu legen haben. Und wenn alles nicht hilft, kann man sich ja im Hauberg gegenseitig zünftig verprügeln.

Nach dieser Art der Heimatkunde, die auch der Echse neue Erkenntnisse bescherte, ging es um den Wunsch einer Dame aus dem Publikum, lieber ein Bär als ein Hase zu sein. Und eine ordnungsliebende Möhre witterte selbst in der Herborner Kusch eine erhöhte Kriminalitätsrate.

Die Tarot-Karten auf den Tisch gelegt, erleuchtet Hatzius die Zuhörer mit der Erkenntnis, dass fünf Minuten Sport am Tag ausreichen, um glücklich zu sein. Das gelte sowohl für Männer als auch für Frauen. Zwischen den beiden Geschlechtern sieht Hatzius nur noch gesellschaftliche Unterschiede. Jedoch stamme die Frau von den Vögeln ab, während der Mann – schwanzgesteuert – vom Fisch abstamme. Und das mit der Losung „Brot statt Böller“ würde den Praxistest nicht bestehen, urteilte der Kabarettist.

Nach zwei Stunden war die humorvolle Audienz mit offenem Herzen für die Fans des Reptils zu Ende. Nicht immer rücksichtsvoll führte die Echse vor, was hält die Welt im Innersten zusammenhält.

 

 

Gert Fabritius

Helmut Blecher