Stehende Ovationen für zwei Ausnahmekünstler

Stehende Ovationen für zwei Ausnahmekünstler

In der Kulturscheune (Kusch) in Herborn haben Violinist Giovanni Reber und Pianist Michael Giertz schon lange Heimspiel. In der Corona-Auszeit 2020 feierten sie hier die Premiere ihres Jubiläumsprogramms „Supernova“, das sie nun an gleicher Stelle – in modifizierter Form – erneut präsentierten.

Einmal mehr zündete das Schweizer Duo mit virtuoser Spielkunst ein Melodien-Feuerwerk aus Klassik, Pop und Filmmusik. Die Freude, wieder in der Kusch aufspielen zu können, beflügelte zur Freude des Publikums die Vitalität und das Temperament der Musik des Duos, das mit Beethovens 5. Sinfonie die Show eröffnete. Die Schwermut des Originals hinter sich lassend, hoben sie mit David Bowies „Major Tom“ ab ins Weltall, um begleitet von bekannten Melodien wieder wohlbehalten zur Erde zurückzukehren.

Planet Venus im Visier, feierten „Les Papillons“ die Liebe als höchstes Gut menschlichen Seins und Strebens, der sie mit Hits von Frederic Chopin, den Beatles, den Stones und Frank Sinatra das Geleit gaben. „We are Family“ sangen sie obendrein und waren mit sich und der Welt im wohligen Einklang. Und der „Radetzkymarsch“, ganz unmilitärisch aufbereitet, geriet bei ihnen zu einem vielseitigen Arrangement von unterschiedlichen Melodien und Harmonien, die in eine „LaLeLu“-Besinnlichkeit mündete.

Weder Comedy noch Liederabend, weder Kabarett noch Kammer-Konzert – „Les Papillons“ lassen sich in kein eng gestricktes Unterhaltungs-Konzept einbinden. Bei ihnen steht die Lust am Musizieren im Mittelpunkt, die sie mit einer optisch fesselnden Präsenz darbieten. Wie sie Ennio Morricones Musik zu „Spiel mir das Lied vom Tod“ frisch vertonten, war bis zum Piano gerechten Show-Down eine geradezu oscarreife Darbietung.

Ihre Schwarzmeer-Suite, die sie anlässlich ihrer ausgefallenen Osteuropa-Tournee aufführen wollten, benannten sie am Samstagabend in der „Kusch“ kurzerhand zur „Herborn Suite“ um. Darin verdichteten sich Kompositionen aus Ungarn, Russland und Rumänien zu einem Potpourri aus feurigen Rhapsodien, traditioneller Folklore und schweißtreibendem Csárdás-Tanz.

Nachdem sich das Duo mit einem Quiz von den musikalischen Kenntnissen des Publikums überzeugen konnten, überzeugten sie wiederum ihre Zuhörerschar mit ihrer fesselnden Performance, in der sie singend und spielend – auch mal zu zweit am Piano oder als Geigenduo – zu begeistern wussten.

Seit über 20 Jahren sind „Les Papillons“ mit ihren außergewöhnlichen Konzertprogrammen unterwegs, in denen sie bekannte Werke aus 300 Jahren Musikgeschichte mit Stücken aus der Pop-Welt des zwanzigsten Jahrhunderts in sehr eigenwilliger Weise in Verbindung bringen. Das Tempo, das sie bei dem Zitieren zahlloser Musikstücke an den Tag legten, brachte die Ohren der Zuhörer zum Glühen.

In ihrem Musik-Universum gibt es keine Grenzen: Sie versetzen den Jazz-Walzer No. 2 von Schostakowitsch in enorme Schwingung, lassen den drohenden Ton aus „Psycho“ von der Leine und besingen noch die Gier nach dem Geld, die auch in der Musik nicht zu kurz kommt. Am Ende waren „Les Papillons“ wieder bei der Liebe angekommen („Je t‘aime“) und der Gewissheit, dass man das Leben genießen sollte – auch als Gigolo. Schließlich lebt man nur einmal.

 

 

Gert Fabritius

Helmut Blecher