Schrille Sachsen-Power überzeugt

Schrille Sachsen-Power überzeugt
Die sächsischen Grobmusiker Stefan Schramm alias Ines Fleiwa (Gitarre und Gebläse) und Christoph Walter alias Cordula Zwischenfisch und Rico Rohs (Schlagzeug) sind bekannt unter dem Bandnamen „Zärtlichkeiten mit Freunden“. Wenn sich mit dem Anfeuerungsruf „Ich zähle ein und du hängst dich mit druff. Bis dann!“die Kante geben, dann bleibt kein Auge trocken.Das galt auch am Freitag für ihren Auftritt in der Herborner Kulturscheune (KuSch), wo sie die schrillsten und besten Momente ihrer langjährigen Karriere gut bis sehr gut zum Besten gaben.Eigentlich seien ihre schönsten Momente ganz privater Natur, verriet Zwischenfisch. Doch, wo man schon einmal in Herborn sei, spiele man fetzige Nummern und plaudere sich mit selbst erlebten Geschichten in die Kunst der hohen Schule des außerordentlichen Blödsinns. Ihr komödiantischer Irrsinn machte vor knappen kabarettistischen Einwürfen, wie in Sachen Massentierhaltung und Billigfleisch nicht Halt.Insbesondere Plappermäulchen Cordula und ihr Alter Ego Rico Rohs hatte etliche skurrile Geschichten und Erlebnisse auf Lager, die von dem mit stoischer Gelassenheit agierende Ines Fleiwa – wie auch vom Publikum – mit ungläubigen Staunen aufgenommen wurden, „Wir wollen keine Zeit verlieren und kommen zu unserem ersten Lied“, verkündete Cordula Zwischenfisch zu Beginn der über zweistündigen Revue aus Hits und Witzen. Mit einem Kornett verging sich Ines Fleiwa an „Also sprach Zarathustra“ von Richard Strauss und demonstrierte, dass auch er/sie nicht alle Tassen im Schrank hat. Im Verlauf des Abends verstieg er sich als Barockmusiker, der vermittels eines Loop-Geräts Bach & Co. orchestralen Glanz versah.

Während Cordula seinen Partner immer wieder verbal in die Mangel nahm, ihn sogar als Sex-Monster „Ines Siffredi“ bezeichnete, ließ sich dieser in seinem Tun nicht beirren. Mit seiner in überdimensionierte Holzrahmen eingefassten Gitarre spielte er Metal, gab Neil Youngs „Heart Of Gold“ und Steves Millers „The Joker“ die Sporen und outete sich bei Shocking Blues „Venus“ als veritabler Rock ’n’Roller. Cordula Zwischenfisch zeigte, dass mit dem Schlagzeug alles steht und fällt, auch die dazu gehörenden Drumsticks aus dem erzgebirgischen Seiffen, die natürlich nicht aus Seife, sondern aus Holz waren. In der Rolle des Rico Rohs war seine „Rapertoire“ noch durchgeknallter. Mit seinem Gesang und seinem rückwärts dem Schlagzeug zugewandten Trommelwirbel sorgte er für eine tüchtig aufgeheizte Stimmung, die seiner Meinung nach auch Gelegenheit für eine kleine Saalschlacht hätte sein können.

Das Publikum aus Herborn und dem Umland zog es jedoch vor, herzhaft über die kleine Band zu lachen. Zwar bekannte Cordula, dass er seinen Beruf zum Hobby gemacht habe. Aber als fleißiger Handwerker bezeichnete er sich dennoch, auch wenn es darum ging, in seiner Doppelfunktion als Cordula und Rico zwei Drittel der Gage einzustreichen: „Ines weiß davon nichts.“ Und die „Herborner Blumenkohlfresser“ bekamen ihre gemeinem, aber dennoch liebevoll gemeinten Streicheleinheiten. Schließlich kommt auch Cordula aus einfachen Verhältnissen.

Ansonsten vergriff sich Cordula öfter im Ton. Doch letztlich waren die mit Zerstörungskraft einer Dampfwalze aufgetischten Witze, die aberwitzigen Wortklaubereien und die schräge Musik nur das Salz in der Suppe ihrer Show, die herrlich zog, besonders bei Frauen. Insbesondere als der in Plauen gestrandete Sumo-Kämpfer Kai Ginseng toppte Christoph Walter als Cordula seinen zwischen Genie und Wahnsinn changierenden Auftritt.

Am Ende bedankte sich das Duo mit einem Seufzer und den Worten: „Vielen Dank, sie waren ein Publikum.“

 

 

Gert Fabritius

Helmut Blecher