Musikalisches Mastermind

Musikalisches Mastermind
Gerade war er noch in der ARD-Sendung „Immer wieder sonntags“ zu Gast, dann hat er das Publikum in der Herborner „KulturScheune“ beglückt: Vollblutmusiker Martin Schmitt, dem stets der kabarettistische Schalk im Nacken sitzt, versteht es, jedes Bühnenformat mit seiner Präsenz auszufüllen. Der virtuose Unterhalter, Jazzpianist, Sänger und scharfsinnige Humorist, der in Herborn zuletzt 2019 bei der Deutschen Kabarettmeisterschaft aufspielte und sie grandios gewann, sorgte auch diesmal mit wieselflinker Fingerkunst sowie herzerfrischender Ironie und schrägem Witz dafür, dass bei den Besuchern kein Auge trocken blieb. Schmitts bietet unwiderstehlich brillantes Entertainment, angefüllt mit bayerisch gefärbten Songs, angetrieben von Harlem Stride, Blues und Boogie Woogie, Soul, Rock und Cool Jazz. Er spielt perfekt mit Tasten wie mit Texten.
Sein „Bäsdoff“-Programm, bei dem er sich improvisatorische und spontane Freiheiten ließ, eröffnete er mit W.C. Handys Klassiker „St. Louis Blues“, den er mit enormem Groove, ohne Textbeigabe befeuerte: „Beim Blues geht es sowieso nur um drei Dinge: ums Geld, um verlassene Ehemänner und um Männer, die von Frauen verlassen werden, die auch noch ihr Geld mitnehmen.“ Fortan widmete er sich aber verstärkt seinen Eigenkompositionen. Frech und böse ließ er seine „Schmittisch Airways“ in die Lüfte erheben und beschäftigte sich mit diversen Anmachkatastrophen. Außerdem setzte der Entertainer seiner schlagfertigen Großmutter ein humoristisches Denkmal.
Mit temperamentvollem lateinamerikanischem Rhythmus gab Schmitt dem bekannten brasilianischen Titel „Tico Tico“ die Sporen und beschwor anschließend in bester Udo-Jürgens-Manier die gute alte Zeit, als man noch ohne Helm die Skipiste hinunter raste und Kindersicherungen im Auto unbekannt waren.
Die Idee, das Leben rückwärts zu genießen und mit der Geburt und Papas letztem Stöhnen zu beschließen, feierte der Sänger ebenso lustig ab wie die Midlife-Crisis des Mannes, der er mit Fitness-Programmen begegnete: „Ich jogg‘ mir den Speck weg und den Bauch auch.“
Schmitt, der sich furios und kurios durch bayerischen, wienerischen und sächsischen Humor witzelte, ließ dem Neid („I bin der Neid“) keine Chance, während er in der Ballade à la Elton John seiner Egerländer Großmutter einen Abschiedssong auf ihr erfülltes Leben widmete, das voller Arbeit und Sorgen war.
Immer wieder bot er seinem begeistert mitgehenden Publikum die Chance, sich in Refrains gesanglich einzuklinken, so auch bei „Aufpassen“, seinem Lied über Schwiegermütter, die zu lange zu Besuch sind, oder den Todesmut, Geisterfahrer auf der Überholspur zu überholen.
Mit seiner Version von Tom Jones‘ „Sex Bomb“ gab Schmitt den „sächsischen Tiger“, um schlussendlich sein langjähriges Tournee(er)leben mit einer swingenden Boogie-Nummer noch einmal Revue passieren zu lassen.

 

 

Gert Fabritius

Helmut Blecher