Wilde Fahrt gegen den Strom des Geschehens

Wilde Fahrt gegen den Strom des Geschehens

In den vergangenen Monaten war einfach viel los. Genug Stoff für Urban Priol, den Mann mit der luftigen Frisur und den bunten Hemden. Am Donnerstagabend machte er sich auf der Kulturzauberbühne hinter der „Kulturscheune“ (KuSch) in Herborn auf zu einer wilden Fahrt auf dem steten Strom des politischen Geschehens. In seinem neuen Programm „Im Fluss – täglich quellfrisch, immer aktuell!“ lehrte er den Politchargen diesseits und jenseits des Atlantiks ordentlich Mores und rückte ihren falschen Versprechungen und irrsinnigen Entscheidungen mit galligem Humor und spitzer Zunge zu Leibe.

Was bringt uns die neue Koalition, die mit neuen Leuten und neue Ideen angetreten ist und doch nur an alten Zöpfen hängt? „Fritze“ Merz wird als großer Staatsmann gefeiert, weil er im „Evil Office“ vier Minuten über Deutschland reden durfte, um danach mit leeren Händen heimzukehren. Uferlos pflügt Priol, der Meister der Parodie, durch die Fluten des täglichen Irrsinns, begibt sich in den Abgrund des Absurden: Dank Dobrindts Unterbindung der illegalen Migration fahren die Züge wieder pünktlich und ist die häusliche Gewalt beendet. Überhaupt soll unser Land jetzt mitten ins Schlaraffenland geführt werden. An allem ist die Migration Schuld. Doch ohne Migration wären wir nicht das Volk, das wir heute sind, stellt Priol fest. Und über die Barbershops muss er sich nun wirklich keine Gedanken machen.

„Merz aus der Regierung herausgehalten zu haben, war die einzig wirkliche Leistung von Angela Merkel“, erklärt der Kabarettist, der es zumindest gut findet, dass wir wieder ordentlich mit Schlips und Anzug betrogen werden. Die vorherigen notorischen Blender, wie Christian Lindner, bekommen den Segen: „Er ist den Heldentod für unser Land gestorben.“ Was bleibt von all den großen Politikern übrig? „Brandt als Zwieback, Bismarck als Hering, Merz als Merz Spezial Dragees und Söder findet sich in der Lampenabteilung als Armleuchter wieder.“

Bei Politik und Gesellschaft ist Jammern angesagt, dabei brauchen wir nur gute Laune. Die deutsche Wirtschaft ist noch unter den Top Ten und mit dem Klima ist es auch nicht so schlimm. „Dank der Ozeanerwärmung bekommen wir die Fische gleich frittiert und Plastikmüll kommt über die Nahrungskette zu uns zurück. Für ,Bild’ ist dagegen alles ganz furchtbar: ,Der Ausverkauf Deutschlands hat begonnen’.“ Miele ist weg und Frauen wissen nicht mehr, was sie sich wünschen sollen.

Markus Lanz ist wie immer fassungslos, Söder hasst die Grünen pathologisch und die Bahn verkauft ihre lukrativste Sparte (Schenker), dafür bleibt die 21-Milliarden-Pleite von Stuttgart 21 im Land. Und das mit den Heizungsgesetzen ist auch so eine Sache: „Der Unsinn, den die die Politik verzapft, sorgt für so viel heiße Luft, dass man damit das ganze Land beheizen kann.“

Die CDU ist obenauf, ist Wischiwaschi und Pillepalle. „Spahn, der Frosch mit der Maske, ist wieder da und die Union ist wie ein resistenter Keim, den kriegen wir nie los. Und die AfD ist eine empathielose, unanständige Partei. Man kann sie nicht wählen“, bekräftigt Priol. Man müsse sich die Politik schön trinken, um sie ertragen zu können. Siehe Trump, der wohl vergebens auf den Friedensnobelpreis wartet. „Zu viele Arschlöcher, zu wenig Kugeln“, sprach einst Clint Eastwood.

 

 

Gert Fabritius

Helmut Blecher