Auf ewig unvergessen bleibt Robin Williams in Peter Weirs Verfilmung „Der Club der toten Dichter“ aus dem Jahr 1989. Auf der Bühne bislang nur selten zur Aufführung gebracht, hat sich das „Junge Ensemble 16+“ der Kulturscheune Herborn unter der Regie von Janina Katzer und Rabea Wagner der Geschichte von Tom Schulman angenommen und zeigt in ihrer Adaption, die amerikanische College- und Jungs-Geschichte mit großer Intensität und Spielfreude. Bei der Premiere am Freitagabend wurde das Publikum in der ausverkauften Kulturscheune in den Drang der Jugend nach Selbstentfaltung und der Freiheit des Geistes hineingezogen.
In jeder der häufig wechselnden Szenen und Lokationen knistert es vor Spannung, entladen sich die Wünsche und Sehnsüchten der junge Schüler eines strikten Elite-Internats, die von dem Junglehrer John Keating (gespielt von Rabea Wagner) im Literaturunterricht auf neue Gedanken gebracht werden. Eine Gruppe seiner Schüler ist inspiriert von Keatings Poesie-Unterricht und lässt den „Club der toten Dichter“ wieder aufleben, zu dem Keating zu Schulzeiten selbst gehörte. Die Jungen treffen sich nachts im Wald und tragen Gedichte vor. Inspiriert von der kreativen Freiheit des Clubs entdeckt der Schüler Neil Perry (Lotte Heuser) außerdem seine Liebe fürs Theaterspielen. Allerdings ist das seinem strengen Vater ein Dorn im Auge, denn er hat bereits andere Pläne für Neils Zukunft.
Mit Humor und Menschlichkeit kämpft Keating für Poesie, Liebe und Fantasie, die das Leben lebenswert machen, und vermittelt seinen Schülern, Persönlichkeit zu entwickeln und sich selbst treu zu bleiben. Die Werke toter Dichter – von Shakespeare über Byron bis zu Tennyson und Walt Whitmans („Oh Käpt’n! Mein Käpt’n!“) – beflügeln den Eifer der Schüler. Doch der ungewollt über alle strengen Stränge schlagende Schüler Charlie Dalton (Michel Maaß) sprengt die verschworene Gemeinschaft, die sich gerade als quasi innerschulische Untergrund-Opposition gegründet und entwickelt hat.
Die radikale Individualität, die sich gegen vorgegebene Verhaltensmuster stellt, und der Konformität und Eintönigkeit im normalen Unterricht eine Absage erteilt, wird auf der KuSch-Bühne in zweieinhalb Stunden mit Leidenschaft und mit großem körperlichen Einsatz zelebriert. Die 15-köpfige Darsteller-Riege macht sich die ihnen zugeteilten Rollen absolut zu eigen. Man übt sich im barbarisch lauten Rufen, erlernt die Lust am neuen Blick auf Wirklichkeit, dichtet selbst und trägt die Gedichte laut vor, ohne Scheu und Scham; besonders schön zu erleben beim Schießen auf ein Hockey-Tor.
Neil Perry, die eine Rolle im Schultheaterstück erhält, jedoch nach der Aufführung von ihrem Vater zum Verlassen der Schule aufgefordert wird, begeht daraufhin Selbstmord. Neils Vater und der Direktor des Internats machen John Keating für Neils Tod verantwortlich, der daraufhin die Schule verlassen muss. Auch wenn einige Schüler Mr. Keating ihren Respekt zeigen, endet der Club-Ausflug in die mentale Unabhängigkeit tragisch.
(Fotos: Annabell Klein)
Helmut Blecher
Helmut Blecher ist freier Autor und Fotograf. Der Dillenburger berichtet seit Jahren über das kulturelle Geschehen vornehmlich an Lahn und Dill und hat bereits Auftrittskritiken für zahlreiche Künstler in der KuSch geschrieben.