Humor als Ausweg aus dem Negativen

Humor als Ausweg aus dem Negativen

Im Ruhrpott hat nicht jeder Mensch einen akademischen Grad, um sich über die Welt und die Dinge, die sich darin abspielen, so seine Gedanken machen. Der Mülheimer Kabarettist René Steinberg, 2012 Schlumpeweck-Gewinner und seither in der Kulturscheune ein immer wieder gerne gesehener Gast, setzt auf den Humor als Waffe, um den Widrigkeiten im großen und kleinen Weltgeschehen, aber auch im ganz persönlichen Alltag gelassen und fröhlich zu widerstehen. In der „KulturScheune (KuSch)„ in Herborn hat er mit seinem neuen Programm „Radikale Spaßmaßnahmen“ das Publikum begeistert.

„Radikale Spaßmaßnahmen“ ist eine Mischung aus Steinbergs tempogeladener Sprachkunst, seiner famosen Mimik und seiner mitreißenden Sangeskunst. Auf der „KuSch“-Bühne war er einfach nicht zu bremsen.

Hilfsmittel, wie Videoeinspielungen oder unterschiedliche Maskeraden, bedarf es für den Kabarettisten und auf Meinungsvielfalt setzenden Moralisten nicht. Er ist sich selbst genug, um sich und sein Publikum auf Trab zu halten.

Mit dem Originalton des Seitenbacher-Chefs Willi Pfannenschwarz („Woischt Karl“), der sich als Fan von Steinberg bekannte, steigt der Humorist in seine Spaßrunde ein, die Anregungen und Vorschläge bietet, wie man mit Humor die Welt ein Stück angenehmer macht und manchen Menschen eine lange Nase zieht.

Wenn man bei uns auf keinen grünen Zeig kommt, hat das auch viel mit dem Führungspersonal in Politik und Gesellschaft zu tun. Karl Lauterbachs näselndes Gerede, die Patchworkfamilie einer Alice Weidel und natürlich Donald Trump, hinter dem er Hape Kerkelings Horts Schlämmer vermutet, bekommen bei Steinberg ihr Fett ab. Genüsslich legt er dabei Melania Trump in den Mund: „Ich habe den geilsten Arsch der Welt“.

„Auch in der Hochkultur ist das Nörgeln weit verbreitet“, befindet Steinberg und textet den „Faust“-Monolog mit dem Publikum kurzerhand um: „Habe nun a(u)ch Spaß wie nie“, lautet die Losung. Und so rappt und reimt er was das Zeug hält, textet Hits, deutsches Liedgut und Schüttelreime in Richtung erhöhten Spaßfaktors um.

Sich im Samba-Rhythmus an die Supermarktkasse ranschleichen oder mit Helene Fischer „Ahnungslos“ durch die Nacht streifen – warum nicht? Hauptsache, der Spaß kommt nicht zu kurz. „Spaß sorgt für Harmonie, das merken auch irgendwann diejenigen, die ihren Arsch am Kopf haben“, so Steinberg.

„Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben“, wusste schon Michail Gorbatschow, und was es mit den Männern so auf sich hat, weiß der Meister des gesprochenen Wortes. „Wann verlieren Männer 90 Prozent ihres Verstandes? Wenn sie Witwer sind.“ Mit Spaß vorangehen, so seine Devise, die Unangenehmes mit dem Nicht-Hinnehmbaren quittiert.

In seinem neuen Programm wird René Steinberg radikal. Er hat genug von Ernsthaftigkeit, von Wut, Meckerei und Geschrei an der Ampel – bei Bildung, anstrengenden Kindern und peinlichen Eltern, im gesellschaftlichen Miteinander und in der Politik. Der Abend mit dem Literaturwissenschaftler René Steinberg in der „KuSch“, der stets versucht, Humor als Ausweg aus dem Negativen zu propagieren, war hintergründig und dennoch voller Vergnügen.

 

 

Gert Fabritius

Helmut Blecher