Der Mann, der alles kann

Der Mann, der alles kann

Nur selten passt ein Programmtitel so gut zum Geschehen wie der aktuelle von Lars Redlich: „Unaufhaltsam unterhaltsam“ nennt der Berliner sein neuestes Werk, mit dem er jetzt auf der Bühne der KulturScheune Herborn stand.

Und die Besucher erleben an diesem Abend all das, was das Multitalent aus der Hauptstadt so besonders macht. Er kann (und macht) einfach fast alles. Gitarre, Klavier und Klarinette spielen, raffinierten Wortwitz zelebrieren, originelle Musikparodien anstimmen, Lieder auf Zuruf improvisieren und zur Not noch als Diva im Mezzosopran singen.

Ein Video-Zwiegespräch mit James Bond eröffnet den Abend und dann schickt ihn Dietmar Wunder, die deutsche Stimme von 007-Darsteller Daniel Craig, auf die Bühne der KuSch, wo sich Lars Redlich von Beginn an bemüht, dem Programmtitel gerecht zu werden.

Das Alter geht auch an ihm nicht vorbei, und die wilden Zeiten sind es auch. Heute sind eine  „frisch geputzte Wohnung und sauber getrennter Müll ein Glück“. Redlich schwelgt in Erinnerungen, auch an seine Jugendliebe, die „Vespa“. Das Lied über den italienischen Kult-Roller, seine „italienische Braut“, kommt natürlich stimmlich in bestem Toto-Cotugno-Timbre daher.

Oder auch seine Hommage an das „@“ auf der Computer-Tastatur, für die Ed Sheeran die Melodie liefen darf und die stellvertretend für das Generationenproblem beim Umgang mit der neuen Technik steht. „Auf welchem Kanal ist eigentlich Netflix?!“ Und wenn dann die Frau Mama auf die Frage, warum es denn so warm sei, die Antwort liefert „Ich habe alle (Windows-)Fenster zugemacht“, dann hilft nur die Flucht in die Telefon-Warteschleifen. Aber warum sind die eigentlich nicht personalisiert? Lars Redlich hätte da gute Beispiele für die Polizei und das Finanzamt im Gepäck.

Politisches Kabarett? Nun ja, nicht unbedingt. Obwohl Robert Habecks Heizungsgesetz im Musical-Klassiker „Memory“ perfekt aufgehoben ist. Und von wem stammt eigentlich der Satz: „Ich weiß, dass ich nichts weiß?“ War es Sokrates, Markus Söder oder am Ende doch Olaf Scholz?

Lars Redlich hat auch ein Herz für Außenseiter – so wie zum Beispiel für die Klarinette. „Die ist mehr als ein missglückter Glitzerzauberstab.“ Spricht es und liefert den Beweis dafür wie gut sie sich bei Mozart, im Jazz, im Klezmer und der Volksmusik so macht. Auch hier zeigt sich einmal mehr: Der Mann kann fast alles. Das wird auch eindrucksvoll deutlich, wenn er mühelos so unterschiedliche Wörter wie „Waschbeckenunterschrank, Handkäse, Dillenburg oder Kleinkünstler“ in einer Ballade improvisiert oder in Windeseile aus bekannten Popsongs ein eigenes Musical zusammenbaut.

Am Ende des Abends allerdings wird deutlich: Es bleibt kompliziert. Vor allem zwischen Männern und Frauen, vor allem, wenn es um das „intensive Zueinanderfinden“ geht. An wem sollte man sich da ein Beispiel nehmen? Der Blick in die Tierwelt hilft weiter: „Der Lachs laicht ab!“

 

 

Gert Fabritius

Helmut Blecher