Warten auf den Messias wird überbewertet

Warten auf den Messias wird überbewertet

Florian Schroeder drückt den Resetknopf. Für den Kabarettisten und Satiriker ist es an der Zeit, mit Weltuntergangsszenarien und Beschwörungen aufzuräumen und gleichzeitig zum Nachdenken anzuregen. Am Donnerstagabend hatte er in der Kulturscheune, der man aufgrund der unsicheren Wetterprognose den Vorzug gab, mit seinem aktuellen Programm „Neustart“ die Gelegenheit, dem zahlreich erschienenen Publikum – jenseits von Hysterie und Gleichgültigkeit und jenseits von Gut und Böse – Mut zu machen, sich von der aus dem Ruder laufenden Weltlage nicht kirre machen zu lassen.

Florian Schroeder weiß, dass in jedem Wahnsinn auch ein Stück Wahrheit steckt. Die Welt braucht eine Portion Wahnsinn, und in ihr richtet sich der Kabarettist mit bissigem Humor, und messerscharfer Analyse häuslich ein. Dabei lässt er – sich wild gestikulierend in Rage redend – nichts aus, was ihm unter den Nägeln brennt. Dabei ist er immer aktuell, analysiert, bewertet und hinterfragt.

Ob wir einen Messias brauchen, und wer das bitteschön sein soll, stellt Schroeder ebenso zur Diskussion wie die Frage, ob die Welt sich verrücken lässt, ohne dass wir an ihr nicht verrückt werden, in seinem Mix aus Kabarett und Comedy.

Wie soll da ein Neustart beginnen, wen alle gleich sein sollen? Ist es das neue EM-Sommermärchen, das uns aus der Krise führen soll? Letztlich wird nur die UEFA noch reicher und ein Fünftel der Deutschen muss sich damit abfinden, dass nicht mehr alle Spieler weiß sind.

„Nö – Scholz pokert gern und möchte größer sein als er ist“, erklärt Schroeder, der auch an deutschen Politikern kein gutes Haar lässt und sie – von Robert Habeck bis zu Markus Söder –trefflich parodiert. Über die Kriegstüchtigkeit der „Gen Z“ macht er sich so seine Gedanken und fragt, wie das mit der Bereitschaft zum Dienst an der Waffe aussieht. Die Aussicht auf den Führerschein reicht da nicht. Eine Wohnung sollte es schon sein, und sei sie in einem Panzer. Für Maximilian Krah von der AfD ist die Sache klar: „Echte Männer sind rechts.“

Schroeder, der sich als Grünenwähler outet, folgt dennoch zuerst seinen eigenen Vorstellungen von einer besseren Welt, und die beginnt schon beim Tempolimit – zumindest tagsüber. Muss man aber ein schlechtes Gewissen habe, wen man lieber nach Mallorca fliegt, weil es an der Ost- und Nordseeküste zu kalt ist?

Über die Fallstricke im Handling eines Lastenfahrrads kommt er zu der Frage, ob man besser schwul ist, um man als Mann in einer Kita anerkannt zu werden. „Digitalisierung ist unsere Chance und doch schafft sie uns ab! Disruption und Revolution sind permanent geworden.“

Dazu befragt, wer der neue Messias sein soll, bekommt Schroeder originelle Vorschläge. „Trump als Mann im Mond oder die eigene Ehefrau, weil sie in der Kusch neben ihm sitzt.“

Zu guter Letzt kündigt Schroeder die Gründung seiner Partei „Neustart – neu Demokratie wagen“ an, mit der er Deutschland umkrempeln will. Als Kanzler will er die Volksrepublik Deutschland ausrufen, um dann auf Lebenszeit zu regieren. So entstehen Diktaturen. „Ach Gott bewahre, und der Messias kommt auch nicht: Er war schon da. Es gibt also keinen Grund, zu warten.“

 

 

Gert Fabritius

Helmut Blecher