Ein Gesellschaftsspiel mit Intrigen und menschlichen Abgründen

Ein Gesellschaftsspiel mit Intrigen und menschlichen Abgründen

Hochspannung liegt in der Luft beim Stück „Das Gesellschaftsspiel“ des Tübinger Autors Werner Bauknecht, das vom „Jungen Ensemble 16Plus“ der Kulturscheune Herborn aufgeführt wurde. Unter der Leitung von Janina Katzer, die mit diesem Stück ihr Regiedebüt feiert, hat sich die achtköpfige Darstellerriege in einen tödlichen Kampf voller Grausamkeiten gestürzt, in dem Menschen zum Spielball um Macht, Gier und Geld werden. Bei der Premiere am Freitagabend in der Herborner Kulturscheune hatten die Akteure reichlich Gelegenheit, sich einem irrsinnigen Intrigenspiel hinzugeben, in dem Moral und Fairness auf der Strecke blieben.

Während Firmenchef Tauber seinen 50. Geburtstag dazu nutzt, um seinen Nachfolger bekannt zu geben, wetzen seine Gäste derweil die Messer für seinen Untergang. Tauber ist ein Mensch, der sich gegenüber seiner Familie, seinen Freunden und sogar seiner Geliebten als echter Kotzbrocken erweist. Giftiger Sarkasmus und eiskalter Zynismus bestimmen sein Handeln, in dem zuerst sein fatalistisch auftretender Vize Dieter und sein Sohn Karl als unwürdig für seine Nachfolge aussortiert werden. Dieter soll ein Dieb und Betrüger sein. Sohn Karl bezeichnet er als ein Schwächling, der zudem noch in Manuela eine Freundin hat, die für Tauber total unattraktiv ist.

Tauber, der seine hochmütige Frau Miriam mit Ursula hintergeht, die wiederum mit dem Busfahrer und verhinderter Lyriker Kasper liiert ist, glaubt, alle und alles im Griff zu haben, wollen sie doch nur sein Geld. Seine frühere Gespielin Maria, Dieters Ehefrau, die angetrunken durch die Ereignisse torkelt, dabei aber dennoch einen kühlen Kopf bewahrt, beichtet Tauber, dass ihre Tochter Ursula, die Frucht einer Affäre mit ihr ist. Tauber, ganz Ekelpaket, erklärt: „Ist doch nichts Schlimmes passiert!“ Kasper setzt dem allen noch die Krone auf, indem er behauptet, dass Karl nicht sein Sohn sein kann. Das Karussell der Gemeinheiten dreht sich immer schneller. Tauber verstößt Miriam, während sie hingegen mit Maria und Kasper Ränke gegen das „Ungeheuer“ schmiedet.

Im Verlauf der Handlung wird das Tempo wer Opfer und wer Täter ist, angezogen, wird der Zuschauer in einen Strudel aus Hass und Gewalt gestürzt. Alle sind in diesem Schauspiel nicht das, was sie vorgeben zu sein. Einig sind sich alle nur im Willen, den Tyrannen zu vernichten. Tauber kann nur noch konstatieren. „Seit wann gewinnen die Schwachen?“

Am Ende ist nichts so, wie man es erwartet hat. Die Darstellerriege tut dabei ihr Übriges, das perfide Spiel mit Hochdruck voranzutreiben. Christopher Großmann glänzt mit giftiger Boshaftigkeit. Jana Pittner als seine Frau Miriam zeigt, wie man sich mit coolem Understatement in Szene setzt,, während Michael Maaß als Karl und Rabea Wagner als Manuela mit Verve die Häutung vom naiven Pärchen zum Machtgewinner vollziehen, ebenso wie Lina Dressler, die den lethargischen Dieter in einen von krimineller Energie angetriebenen Täter verwandelt. Charlotte Heuser als Maria und Emelie Pieper als Ursula füllen ihre Rollen ebenso gut aus wie Miriam Peuser, die als Kasper dem Treiben auf der Bühne die Krone aufsetzt, die sie sich als Joker in diesem Stück erweist.

 

 

Gert Fabritius

Helmut Blecher