Offen, ehrlich, eindringlich

Offen, ehrlich, eindringlich

Er ist ein Freund des Hauses und in der KulturScheune Herborn immer gern gesehen: Wolfgang Trepper, Wahl-Hamburger und im Herzen immer Duisburger, machte nach siebenjähriger Pause dem Kulturtempel in der Au wieder seine Aufwartung. Und schnell wurde klar: „Offen, ehrlich, live“ – so wie seine aktuelle Tour untertitelt ist, genau so verlief auch der Abend, der ein begeistertes Publikum zurückließ.

Von Natur aus und abseits der Bühne einer der gelassensten und ausgeglichensten Menschen überhaupt, legt sich bei Wolfgang Trepper der Schalter um, wenn das Bühnenlicht leuchtet. Poltern, bis zur Erschöpfung aufregen, Rundumschläge gegen Politik und Medien – und dann doch geradezu beklemmende Momente der Stille: der Mann aus dem Ruhrgebiet spielt wie kaum ein Anderer auf der Klaviatur der Kontraste. Und das tut seinem Programm spürbar gut.

Zu Beginn räsonierte er noch über das Älterwerden, im Kosmos zwischen Prostagutforte und dem vermeintlichen Fitness-Wahn. „Wenn ich Zeit zum Joggen hätte, würde ich mich in der Zeit hinlegen!“ Danach wurde es über weite Strecken von Teil eins politisch. Über Frauen in der Politik (Trepper hat geradezu Angst vor Marie-Agnes Strack-Zimmermann, entlarvt aber deren vermeintliche Standhaftigkeit auch als puren Lobbyismus), arbeitet sich am Sauerländer Oppositionsführer Friedrich Merz und Olaf Scholz, dem „Kanzler a.V.“ (aus Versehen) ab und wünscht sich, dass die Herren „Genscher, Schmidt, Strauß und Wehner einfach mal durchfegen.“ „Fridays for Future“ und „Klimakleber“ sind ihm in der Wahl ihrer Mittel suspekt, aber Trepper macht klar: „Wir, die Generation 50 plus, haben es verbockt!“

Mit Blick auf die Medien trifft sein Rundumschlag nicht nur Ross Anthony („Man muss nicht jeden Engländer bei uns arbeiten lassen“, sondern auch das Trash-TV mit den Reality-Shows. „Selbstverliebte Schwachmaten treffen auf hirnlose Amöben!“ Boom, das sitzt.

Aber: „Ich reg‘ mich überhaupt nicht auf“, meint Wolfgang Trepper gleich mehrfach, alleine, es hält nicht lange. „Hört auf!“, schreit er heraus. Dabei geht es darum, unnötige Aktionen einfach zu unterlassen, um das Zwischenmenschliche im Zusammenleben mit anderen Menschen nicht unnötig zu belasten. Kleinigkeiten, die von den Menschen nicht als Kleinigkeiten erkannt werden und zu unnötigem Stress führen. Also Energieverlust stoppen und für Wichtigeres zu nutzen. „Lasst Kindern Kinder sein und schätzt die Älteren wert!“

Musik ist ein wichtiger Teil im Programm des Wahl-Hamburgers, vor allem die Analyse von Schlagertexten. Mit vielen Beispielen, auch untermalt mit Songausschnitten dokumentierte Trepper, wann ihm immer schlecht wird. Alle bekamen ihr Fett weg, ob Silbereisen, Egli oder die „drei Minipli-Monster“ der Flippers. Teilweise entsteht sein Unwohlsein durch die gruseligen Texte, die teilweise sinnentleert sind.

Null Verständnis hat Trepper für Versuche, alte Lieder wie „Zigeunerjunge“ oder „Der alte Häuptling der Indianer’ etc. mit der Begründung abzulehnen, man würde sich fremdes Kulturgut aneignen oder nicht gewünschte Begriffe in der deutschen Sprache anwenden.

Ein wichtiger Punkt im Programm war auch, dass es in der heutigen Gesellschaft in sei, immer und über alles beleidigt zu sein. „Wir haben keine vernünftige Diskussionskultur mehr.“

Am Ende wurde es dann nochmals eindringlich – bei seiner eindringlichen Warnung vor einem Erstarken rechter Kräfte („Die Büchse der Pandora ist geöffnet“). Und auch seine berühmte rote Handtasche kam noch zum Einsatz. Damit sammelt der Kabarettist Spenden für sein aktuelles Sozialprojekt, den Bau einer Schule in Malawi.

Fazit: Ein Abend voller Intensität und Temperament, der aber gerade in den Momenten eindringlicher Stille seine Höhepunkte hatte!

 

 

Gert Fabritius