Wer spricht mit wem?

Wer spricht mit wem?

Er ist der Herr der Stimmen und Puppen: Tim Becker ist in Herborn zu Gast gewesen. Mit einem neuen Programm „Die Puppen, die ich rief“ unterhielt der Bauchredner sein Publikum in der Kulturscheune in der Au.

Tim Becker hat den Herborner „Schlumpeweck“ noch nicht gewonnen. Dennoch kommt der Bauchredner immer wieder gerne in die „Kusch“. So wie am Wochenende. Garniert mit bitterbösem Humor und nicht immer ordensreifen Witzen und Dialogen fuhr Becker seine Puppenparade auf, die sich mit seiner Stimme als eine Ansammlung von schrägen Figuren erwies. Und die ließen kein Fettnäpfchen aus, um gegen das große und kleine Weltgeschehen tüchtig zu pöbeln. In teils wahnwitzigen Dialogen übernahmen die Puppen die Oberhand in der Show des Bauredners.

Tim Becker hat alles im Griff – wie die Pizza Carlzone, die nicht gegessen werden möchte oder wie seine Tante Margherita, die nichts drauf hat. Auch den grantigen Aggrohasen Karl zaubert der Puppenspieler aus dem Hut. Und so erfährt das Publikum, dass Karl als Osterhase und als Versuchskaninchen gescheitert ist – und sich nun als Erotikdarsteller versucht.

Der Herr der Stimmen fährt in der Kulturscheune alles auf, was zur Belustigung des Publikums beiträgt. Dabei greift Tim Becker schon mal gut und gerne in die Kalauer-Kiste. So wie bei der Figur des Willi Schlotzmann, den Becker als Präsident des Kölner Karnevalsvereins „Rotgrünfarbenblind“ vorstellt. Herr Schlotzmann lässt bei einer Sitzung in einer Waldorfschule den Tusch tanzen und Granufink statt Süßigkeiten vom Umzugswagen auf Karnevalsjecken werfen. Zu guter Letzt lässt der Bauchredner seinen Herrn Schlotzmann noch als Bestatter („Final-Eventmanager“) von der Leine. In Abwandlung des IKEA-Mottos heißt es bei Schlotzmann: „Wohnst du noch oder liegst du schon?“

Zu den eigensinnigsten Geschöpfen von Tim Becker gehört die Berliner Punk-Ratte Konstantin, die als Musical-Star Karriere machen will, sowie die Genderschnecke Jutta, die Arschkriechern eine Schleimspur bereitet. Und das schwule Pony Randy erklärt, dass schwul sein einfach „homosensationell“ ist: „Die erste Runde Ponyreiten ist umsonst!“

Immer wieder lässt sich der Schöpfer der Puppen von ihnen traktieren, um so dem Wahnsinn freien Lauf zu lassen. Freakig geht es bei Althippie Joe zu, der immer noch voll „Crunchy“ ist und sich jetzt als Umweltschützer am Strand von Ibiza festklebt. Sein Credo „Lieber Gras rauchen als Heu schnupfen“ gilt für Joe noch, obwohl er alternativ jetzt auf Grünkohl setzt.

Total verrückt wie Joe, ist alles bei Tim Becker, der nebenbei seine Entwicklung zum Zauberer und Bauchredner Revue passieren lässt und auch das Publikum für seine schräge Show einspannt. Bleibt da noch Udo Mertens zu erwähnen, der sächsische Brad Pitt der Zauberkunst. Ihn lässt Tim Becker als schrägen Salonmagier agieren, dem irgendwie nichts richtig zu gelingen scheint.

Das Fazit des Abends: Gewürzt mit vielen Kunstkniffen und einer variationsreichen Bauchrednerstimme, hat Tim Becker an diesem Abend in der gut besuchten Kulturscheune für jede Menge Kurzweil gesorgt.

 

 

Gert Fabritius

Helmut Blecher