Mit der Wahrheit ist es so eine Sache

Mit der Wahrheit ist es so eine Sache

Seit 25 Jahren macht HG Butzko Kabarett – und arbeitet sich an Politikern von Helmut Kohl bis Olaf Scholz ab, die es mit der Wahrheit und der Wahrhaftigkeit nicht immer ernst meinten oder meinen. Und so beleuchtet der Gelsenkirchener Hirnschrittmacher des deutschen Kabaretts bei seinem achten Auftritt in der Herborner „KulturScheune“ noch einmal alle Lügen, Vertuschungen und falschen Versprechungen der letzten 25 Jahre aus Politik, Wirtschaft und Medien. Ans Stehpult angelehnt, redet HG Butzko am Donnerstagabend Tacheles, lässt Eklats und Verfehlungen – vom Spendenskandal um Helmut Kohl und Wolfgang Schäuble bis zum Geschehen rund um das Coronavirus – Revue passieren. Ums Geld, um Flüchtlingskrise, Kriege und „Fake News“ gehe es bei den wechselnden Regierungen. Man wolle stets eine neue Dynamik anstoßen – wie jetzt Olaf Scholz, der von „Mutti zu Opi“ die Merkel mache.

Voller Ironie stecken die Worte des Kabarettisten, der für ein befreiendes Auflachen wenig Anlass bietet. Stattdessen reizt es ihn, an Verschwörungstheorien zu denken. Ach, nein, das machen Politiker schon selber. Rudolf Scharping und Gerhard Schröder sahen in Jugoslawien Mächte am Werk, die es zu bekämpfen galt, auch wenn die Beweise fehlten. Und auch Frank Walter Steinmeier habe mit der Lex Murat Kurnaz noch eine Leiche im Keller, der er bis heute eine Bitte um Entschuldigung schuldig geblieben sei.

Wir leben, so Butzko, in dystopischen Zeiten, in denen Frieden wieder mit kriegserprobten Waffen erreicht werden solle. Wenn Politiker, die nicht in den Krieg ziehen, den Krieg propagierten und andere an die Front schickten, litten und stürben die Menschen vor Ort. HG Butzko kennt für Wladimir Putin und seinem Überfall auf die Ukraine keine Gnade. Aber auch Wolodymyr Selenskyj kommt bei ihm nicht gut weg, wenn es um Demokratie, Korruption und die eigene Bereicherung geht.

Mit der Wahrheit ist das so eine Sache. Ob es um Wahlversprechen gehe, die nach der Wahl wieder einkassiert würden, oder um Merkels Versprechen, dass die Einlagen der Sparer sicher seien: Stets habe man das Gefühl, das nur sicher ist, dass nichts sicher ist. Vom einstigen Umweltminister Jürgen Trittin sei das Dosenpfand geblieben. Ein Norbert Röttgen erlebte erst die Kernschmelze und mit Angela Merkel in Sachen Atomkraft die „Hirnschmelze“. Und ein Sigmar Gabriel sei im Kampf gegen den Klimawandel auf der Strecke geblieben.

Für den Kabarettisten ist auch in der Corona-Zeit die Wahrheit auf der Strecke geblieben. Experten forderten, Politiker beschlossen, und (fast) alle hätten die Anweisungen befolgt, seien in den Lockdown gegangen, ganz so, wie es Jens Spahn und Karl Lauterbach befohlen hätten.Die Folgen kenne man: „Fünf Millionen Menschen hatten plötzlich keinen Job mehr – bis auf die Politiker“, sagt HG Butzko, der selbst 227 Tage lang stillgelegt wurde: Nicht nur die Politiker logen, auch die Wissenschaftler, die auf sprachlich auf „logen“ enden, hätten gelogen: „Und die arbeiten auch noch für das Paul-Ehrlich-Institut.“

HG Butzko ist nach zwei Stunden in revolutionärer Stimmung – und: Dem Kabarettisten aus dem Pott dürfte auch in Zukunft der Gesprächsstoff so schnell nicht ausgehen.

 

 

Gert Fabritius

Helmut Blecher