Nur, wer getanzt hat…

Nur, wer getanzt hat…

Ein Erlebnis für die ganze Familie ist Lyman Frank Baums modernes Märchen für kleine und große Leute. „Der Zauberer von Oz“ ist nicht belehrend, sondern unterhaltsam und steckt voller Wunder. Das Vorweihnachtsstück in der Kulturscheune ist ein Plädoyer für die Neugier und die unbändige Kraft der Freundschaft. Unter der Regie von Franz Josef Neunzerling hat das Team der KuSch Darstellern, Kulissenschmieden und Kostümschneiderinnen ganze Arbeit geleistet, um Augen und Ohren des Publikums auf Empfang zu stellen.

In einer traumhaft schön gestalteten Kulisse, in der sich psychedelisch anmutende Lichteffekte entfalten, wird die kleine Dorothy von einem Wirbelsturm aus ihrem Haus in Kansas in das wunderbare Land Oz getragen. Dort trifft sie zunächst auf dem Gebiet der Munchkins auf ein humorvolles, Leierkasten spielendes Paar, das es liebt, in skurrilen Gedichten und Geschichten („Abends in das Morgenrot“) zu sprechen und ansonsten gerne seine Ruhe hätte.

Dorothy, die eigentlich nur nach Hause will, wird von der guten Hexe des Nordens, ausgestattet mit guten Ratschlägen, auf den Weg zum Herrscher der Smaragdstadt, dem großen Oz, geschickt, um ihn um Unterstützung zu bitten, wieder zurück nach Kansas zu gelangen. Auf ihrer Reise trifft sie auf eine Vogelscheuche, die statt Verstand nur Stroh im Kopf hat, und einen Holzfäller aus Blech, dem das Herz fehlt. Beide begleiten Dorothy, erhoffen auch sie sich Hilfe vom großen Oz für ihre Probleme. Eine Löwin, die Angst vor ihrem eigenen Schneid hat, wo sie doch so gerne mutig wäre, komplettiert das Quartett.

Die böse Hexe des Westens droht, die gute Hexe des Nordens macht ihnen Mut. Als die Freunde in der Smaragdstadt ankommen, müssen sie feststellen, dass der große Herrscher ihnen nicht ohne eine Gegenleistung helfen will. Er verlangt, dass sie zuerst die böse Hexe des Westens töten, bevor er Hilfe gewährt. Kindgerecht, humorvoll und spannend ist das, was die Akteure auf der KuSch-Bühne entfalten. Man wird unmittelbar hineingezogen in die Wunderwelt der Smaragdstadt, die voller Magie steckt.

Letizia Costa, die als das kleine, mutige Mädchen Dorothy in ihren berühmten roten Schuhen in das erlebnisreiche Land Oz zieht, wirkt in ihrer allen Gefahren trotzenden Beharrlichkeit ebenso überzeugend wie Michel Dahlhaus als Vogelscheuche, David Löll als bajuwarischer Blechmann und Vicky Groos als wenig bissige Löwin. In der Abenteuerwelt à la „Alice im Wunderland“, wo die gute Hexe (Elisa Schnackenwinkel) und die böse Hexe (Elena

Ziegler) gegeneinander agieren, Munchkin-Mann und Frau dichten, Wachmann und Wachfrau wachen und Affen fliegen (Tillmann Rusch, Livia Warch, Sophia Gerasymchuk), kennt das unterhaltsame Vergnügen keine Grenzen.

Wenn wie in „Der Zauberer von Oz“ die Freundschaft stärker ist als Angst und Zweifel, fühlt man sich in der Lage, schier unlösbaren Aufgaben zu lösen. Effektvoll und mit wundersamen Wendungen und Windungen wird auch die Geschichte um den geheimnisvollen „Zauberer von Oz“ (mit sprachlichen und optischen Wendungen köstlich gespielt von Jörg Michael Simmer und Sophia Gerasymchuk) erzählt, der groß, mächtig und sagenumwoben sein soll. Aber wird er es schaffen, das kleine Mädchen wieder zurück nach Hause zu bringen…?

 

 

Gert Fabritius

Helmut Blecher