„Es war schon eine geile Zeit, als Männer noch die Jobs ihrer Frauen kündigen konnten, es noch ein geteiltes Deutschland gab und Schwule einfach eingesperrt wurden“, befand Hoëcker voller beißender Ironie und fragte natürlich: „War das, was man erlebte, wirklich so toll?“
Übers finstere Mittelalter, wo man rothaarige Frauen gerne verbrannte, „weil ihre Haare so schön knisterten“, kam er auf die Gegenwart zu sprechen, die nachhaltig zu sein hat und dabei manche Tücken offenbart. Handy-Kameras sind die Werkzeuge, um die Dinge des Lebens in der Cloud abzulegen. Seien es Selfies in jeder Lebenslage oder der sezierende Blick auf Dillenburg, das schon bei der bloßen Erwähnung für Lacher sorgte.
Alles ist schön bunt, in 4K-Qualität festgehalten und sofort verfügbar – wie ein Bild von einem Pickel an Hoëckers Allerwertesten, das mit einem falschen Klick die große Runde macht und seine Mutter animiert, ihm eine wirksame Pickelcreme anzubieten.
Hoëckers Erinnerungskultur, die von der analogen Fotografie, die die schönsten Momente meistens in unscharfen Bildern festhielt, über Brettspiele und Modelleisenbahnen bis zur ersten unglücklichen Liebe reichte, wurde eifrig vom spontan mitgehenden Publikum mit eigenem Erlebten genährt. Man lachte über die eigene Schlagfertigkeit und bot so dem mit viel Wissen und Erkenntnis gewappneten „Key-Influencer“ aus der Riege des deutschen Comedy-Personals immer wieder Gelegenheit, die Gedanken der Leute auf seinem Geistesgrill brutzeln zu lassen.
Hoëcker, der mit dem Wandel der Sprache, die von Generation zu Generation einem ständigen Relaunch unterliegt, keine Probleme hat, belegte, dass die Fremdwortflut kein Merkmal unserer Zeit ist, sondern uns schon immer begleitet hat. So haben wir „Onkel“ und „Tante“ aus dem Französischen übernommen, was sich auch besser anhört als „Oheim“ und „Muhme“.
Der große Kleine redet sowieso, wie ihm der Schnabel gewachsen ist. Wenn er die Phasen der Ehe und ihre Hochzeitstage – von Baumwollene (1 Jahr) bis Goldene (50 Jahre) aufzählt, sitzt im ständig der Schalk im Nacken, den er auch noch gallig würzt: „Darf ich vorstellen? Das wird meine Frau. Darf ich vorstellen? Meine Frau. Können Sie sich mal davorstellen? Das ist meine Frau.“
Der Komiker, der in intensiver Interaktion mit dem Publikum die vielen Facetten des Zusammenlebens durchleuchtete, feierte am Ende mit einem musikalischen Medley – von Mozart bis Matthias Reim – die Liebe.
Und mit einem spontanen Dankeslied auf die Helfer aus den Reihen des Vereins „KulturScheune“ und das Publikum, das nicht unmaßgeblich den Verlauf des langen Abends mitbestimmte, verabschiedete sich Bernhard Hoëcker. Und er wird natürlich wieder nach Herborn kommen. Das ist mal klar.
Gert Fabritius
Helmut Blecher
Gert Fabritius ist freier Fotograf und Mitglied unseres Vereins. Der Driedorfer hat seit einigen Jahren die Foto-Dokumentation all unserer Veranstaltungen in der Kulturscheune übernommen und in dieser Zeit mehrere zehntausend Fotos zusammengetragen.
Helmut Blecher ist freier Autor und Fotograf. Der Dillenburger berichtet seit Jahren über das kulturelle Geschehen vornehmlich an Lahn und Dill und hat bereits Auftrittskritiken für zahlreiche Künstler in der KuSch geschrieben.