Auf der Suche nach dem kleinen Glück

Auf der Suche nach dem kleinen Glück
Poesie und Leidenschaft sind die Ingredienzien, mit denen die Sängerin und  Dichterin Ulla Meinecke ihre ZuhörerInnen beglückt. Mit ihrem musikalischen Partner, Keyboarder Reinmar Henschke, stand sie auf der Kulturzauber-Bühne an der KuSch, um in ihren „Songs und Geschichten“ über die wahre Liebe, große Dramen und starken Abgänge zu singen. In weißes, luftiges Leinen gehüllt und mit Kapitänsmütze auf dem Kopf, ließ sie dabei in der heißen Juninacht ihrer „Hardcore-Romantik“ freien Lauf.„Schön für euch zu singen und danke fürs Kommen“, ließ die in Berlin lebende gebürtige Usingerin ihr Publikum wissen, die zum zweiten Mal nach 2014 in Herborn gastierte. Zwar bedurfte es dafür Corona-bedingt mehrere Anläufe zur Umsetzung des Konzerts, was die „grande dame“ der deutschsprachigen Popmusik noch mehr anspornte, ihr Bestes zu geben. Mit „Das war schon immer so“, eine von Billy Joel höchstpersönlich abgesegnete Version seines Hits „That’s Just The Way You Are“, eröffnete Ulla Meinecke ihren berührenden Konzertabend. „Dieses Lied hilft mir Kurs zu halten“, bekannte die Meisterin der treffenden Worte, die instrumental vortrefflich unterstützt wurde von Reinmar Henschke.

Zwischen Pop und Chanson, Balladen und swingenden Midtempo-Nummern sang die inzwischen etwas aus dem Blickfeld einer größeren Öffentlichkeit gerückte Meisterin der treffenden Worte übers (eigene) Älterwerden, über Sentimentalitäten im Hafencafe und über die Jugend, die sich mit Leidenschaft und Stolz dem Leben stellen sollte. An ihre eigene Kindheit und ihren Helden Tom Sawyer und Huckleberry Finn erinnerte Ulla Meinecke sich in dem Lied „Ich wollte niemals Becky Thatcher sein“, das letztlich aufzeigen soll, dass man mit Angst und Angepasstheit nicht weiter kommt.

Ulla Meinecke ist älter geworden, ihre Lust und die Neugier aufs Leben sind geblieben. „Ich wollte Rhythmus und Melodie sein“, und davon tischte das Duo Meinecke und Henschke reichlich auf. Ob Vertonungen von bekannten deutschen Musikern oder Coverversionen bekannter Hits, wie ihre Hommage an die ewig währende Liebe („Wenn wir Glück haben“)  oder ihre Liebe zu den Bären, die oft nicht da sein können, wo sie hingehören, die sie zur Melodie on Gilbert O‘ Sullivans „Clair“ zu Gehör brachte. Und ihre  Adaptionen von Rio Reisers „Junimond“ und Charles Aznavours „Du lässt dich gehen“, waren wie geschaffen für ihre immer noch samtige und zugleich kraftvolle Stimme, mit der sie sich auch jazzig inspiriert schon mal dem Scat-Gesang hingab.

Von süßen Sünden, die man ohne Seele nicht auskosten kann, von heilenden Stimmen und Trostspendern, wie Aretha Franklin und Tom Waits, ließ sich Ulla Meinecke den Weg weisen, um die Sonne in ihrem Herzen aufgehen zu lassen. So offerierte sie in „50 Tipps ihn zu verlassen“ – das im Paul Simon Original „50 Ways To Leave Your Lover“ heißt –  oder empfahl in  „Wenn wir Glück haben“, dass man jeden Tag wie ein Fest feiern sollte.

Mit ihren Alltagsgeschichten  riss Ulla Meinecke ihre Zuhörerschar für neunzig Minuten aus dem Alltag. Ihren Abend der nachdenklich-ironische Sicht auf die alltäglichen Dinge sowie der spannenden und humorvollen Erkenntnisse über das Sein an sich, beendete sie  – wie zu erwarten –  mit dem Klassiker „Die Tänzerin“ und einem wunderschön schmachtenden Abschiedslied, in dem es um die Wiederentdeckung des eigenen Glückes ging.

 

 

 

Gert Fabritius

Helmut Blecher