Ein Grantler mit ganz feinem Humor

Ein Grantler mit ganz feinem Humor

„Man darf nicht zu hohe Erwartungen an das Leben für sich selbst haben“, erklärte der österreichische Kabarettist Stefan Waghubinger seinem Publikum, das in der Herborner „Kulturscheune“ (KuSch) an seinen philosophischen Nadelspitzen über den Sinn und Unsinn des Lebens Anteil nehmen konnte. Der „Schlumpeweck“-Gewinner 2023 zeigte mit österreichischem Akzent und deutscher Gründlichkeit, wie man im Kleinen das große Menetekel des Weltgeschehens erklärt. In seinem aktuellen Programm „Ich sag’s jetzt nur zu Ihnen“ bekannte er zwar, dass er nichts weiß. In seinen Geschichten war er dennoch den Fallstricke des Lebens mit klarer Erkenntnis auf der Spur.

Zerzaust und melancholisch präsentiert sich Waghubinger auf der Bühne. Schließlich sind ihm seine Baufirma und seine Frau verlustig gegangen. Nun steht er in einem leeren Zimmer und hat Angst, den Boden unter den Füßen zu verlieren. „Die einen erben alles, dafür müssen die andern ein Leben lang verheiratet sein“, bekennt der nach seiner Scheidung mittellose Unternehmer.

Seine nur scheinbar harmlosen Geschichten sind zum Brüllen komisch und stecken voll tiefschwarzem Humor. Zu hohe Erwartungen an das Leben sollte man nicht haben, befindet Waghubinger, der seine Zukunft bereits hinter sich gelassen hat. Und so taucht er urkomisch in seine Vergangenheit ein, die er mit Erkenntnissen über Gott und die Welt ausschmückt.

Von Frau und Freunde verlassen, die nicht willens sind, ihm zu helfen („Du kannst sich ja wieder bei mir melden, wenn es dir etwas besser geht“), denkt er an die Lust des Geldverdienens, die ihn allerdings ein Burn-out beschert hat. Nur beim Monopoly-Spiel kann er sich noch Hoffnung auf Gewinne machen, wobei er letztlich doch nur in einer Warteschleife landet.

Waghubinger, der die Zuhörerschar in der „KuSch“ seine Gedankengänge offenbart, lässt sein Leben noch einmal Revue passieren. Dafür erntet er nicht nur schallendes Gelächter, sondern regt zugleich auch zum Nachdenken an. Die ungeliebte Pilzsuppe, die er essen musste, die Tatsache, dass er keine Freunde zu sich nach Hause einladen konnte, weil sie sonst zu sehr die Teppichböden in der Wohnung abgenutzt hätten – all das nagt bis heute an ihm; ebenso die unerfüllt gebliebenen Wünsche. Die ersehnte Jacke von Captain Kirk von Raumschiff „Enterprise“ wurde ihm als ein aus Schafwolle gestrickter Pullover zuteil, der unendlich kratzte. Da konnte er bei der Christmette nachfühlen, wie sich das Jesuskind in der strohgefüllten Krippe fühlen musste. An seine Oma erinnert er sich gerne, die ihn mit religiösen Traktaten und jede Menge Süßigkeiten versorgte. „Hätte sie länger gelebt, wäre ich heute Pfarrer mit einer Zuckererkrankung.“

Zwischen Weitsicht, Tiefsinn und Selbstironie lässt der Kabarettist seien Erkenntnissen freien Lauf. Er macht sich Gedanken, was mit der Menschheit passiert wäre, wenn Adam und Eva Chinesen gewesen wären, die statt des Apfels die Schlange verzehrt hätten.

Waghubingers satirische Weitsicht steckt voller Überraschungen und der Erkenntnis, dass man letztlich im Himmel oder in der Hölle landet. Der einzige Unterschied besteht darin, dass in der Hölle das Geld eine wichtige Rolle spielt.

 

 

Gert Fabritius

Helmut Blecher