Die Reise-Währung heißt Zeit

Die Reise-Währung heißt Zeit

Dieter „Didi“ Hallervorden etablierte einst in den 70-er Jahren bei „Nonstop Nonsens“ den „gespielten Witz“. Auf der Bühne hat nun die „Reisegruppe Ehrenfeld“ den „gesungenen und gespielten Reisebericht“ als neues Genre für sich entdeckt.

„Das Ziel ist auch nicht die Lösung“ hieß das rund 90-minütige Programm, mit dem das Duo einem erstaunten und neugierigen Publikum in der Herborner KulturScheune von seinen Erfahrungen einer sechsmonatigen Radreise durch Südamerika berichtete. Von Lima bis Feuerland waren Maja Lührsen und Theo Vagedes, den Herbornern als Initiator und Moderator der Kabarett-Bundesliga gut bekannt, vor einigen Jahren unterwegs. Die Erlebnisse des rund 6.000 km langen Abenteuer-Trips haben die beiden in Liedern, Tagebucheinträgen und Beziehungsdialogen verarbeitet, die sie – auf ihren treuen Gefährten (den Rädern) auf der Bühne strampelnd – dem staunenden Besucher vermittelten.

Dass sich dabei die Abteilung „Laufen und Lachen“ (Maja) im ständigen Wettstreit mit „Kino und Karneval“ (Theo) befindet und ganz nebenbei noch ein wenig hoch unterhaltsames Beziehungskabarett auf das Publikum wartet, macht das Konzept besonders.

Bereits mit dem ersten Lied, von Maja gesungen und von Theo auf der Ukulele begleitet, wird die passende Überschrift für die halbjährige Mega-Tour gesetzt. „Das hab‘ ich mir anders vorgestellt“ merken die Reiseabenteurer ganz schnell. Kein Wunder, werden sie doch nahezu täglich mit Herausforderungen und spannenden Begebenheiten konfrontiert. Und es wird schnell klar: „Die German Angst“ ist bei (Fern-)reisen völlig fehl am Platz. Stattdessen gilt „Trust the pepole“ und – ebenfalls ganz wichtig – „trust yourself“.

Land und Leuten Vertrauen und Offenheit entgegenbringen und gleichzeitig daran glauben, die Herausforderungen zu meistern – das sind zwei wesentliche Erkenntnisse der Reise. Und die allerwichtigste: Auf einem solchen Trip heißt die Währung nicht Geld, sondern Zeit! Das dazu passende Lied gestalten Maja und Theo auch als Mitmach-Song, so dass es nicht nur im Gehörgang der Besucher hängen bleibt.

Was ist Mysthik, was ist Brauchtum? Unterscheiden sich die Rituale des Kölner Karnevals wirklich von denen der indigenen Bevölkerung? Wieso kann eine Schlauchreparatur zur ekstatischen Erfahrung werden? Und warum segnen Mönche sogar Fahrräder? Dinge, mit denen sich die „Reisegruppe Ehrenfeld“ auf diesem Mega-Abenteuer auseinandersetzen muss.

Auf der Bühne verschmelzen dann tolle Landschaftsaufnahmen, beispielsweise vom Salar de Uyuni, der mit 10.000 km² größten Salzpfanne der Welt in Bolivien, mit mimischen Highlights, wenn etwa Maja und Theo die Schotter- und Schlaglochpisten ihres Trips nochmals „erleben“ oder Theo als heldenhafter Gaucho nachts im Zelt die Alpacas einfängt, die Maja statt Schäfchen zählt.

Zufalls-Reisebekanntschaften wie Joe aus Amerika, Lena aus Düsseldorf oder Tiffany aus Australien tauchen ebenfalls auf und bereichern – jeder für sich – dieses halbjährige Abenteuer, für das letztlich gilt: „It is always the same: There will be sunshine after rain!“ Eine Erfahrung, die die Reisegruppe Ehrenfeld auch und vor allem in Südamerika gemacht hat und mit der das Duo sich anschickt, die deutschen Bühnen zu erobern.
(Fotos: Gert Fabritius/16 + JMS/2)

 

 

Gert Fabritius