Frisch, neu, atemlos: Absolventen überzeugen

Frisch, neu, atemlos: Absolventen überzeugen

Die Absolventenshow der Staatlichen Artistenschule Berlin gehört seit 2014 zum festen Repertoire der Herborner „KulturScheune“ („KuSch“). Zum neunten Mal war es jetzt wieder soweit: Zehn Mitglieder des Absolventenjahrgangs 2022 zeigten, was sie in neunjähriger artistischer Ausbildung gelernt haben. „Whisper & Shout“ („Flüstern und Jauchzen“) heißt das Programm, mit dem sie derzeit durch Deutschland touren und ihr Publikum durch ihre frischen, unverkrampften Aktionen mitreißen – so auch beim „KulturzAUber“ an der KuSch.

Kam es am ersten der beiden Abende aufgrund eines Schauers noch zu einer Zwangspause, kaum dass die Show begonnen hatte, konnte sich Arvid Gansäuer an den Strapaten danach richtig austoben. Sein Talent stellte er aber nicht nur an den Bändern der Luftakrobaten unter Beweis. Die dynamischen Übergänge zwischen den Einlagen machten die Darbietung zu einem einzigartigen Feuerwerk der Bewegung. Die vollendete Choreografie, gepaart mit unzähligen Einzeldarstellungen, erzeugte nicht nur bei dem Protagonisten Atemlosigkeit.

Mit Jonglage und einer schier unübersehbaren Menge von Bällen faszinierte Aaron Berliner nicht zuletzt durch seine Leichtigkeit, mit der er seine anspruchsvolle Show abzog. Zeitweise sah es so aus, als wenn sich die Bälle selbstständig gemacht hätten und schwerelos durch Zeit und Raum schwebten.

Laya Lia Yo steckt die andere Art von Bewegung im Blut und man brauchte keine Brille, um zu erkennen, dass sie fürs Trapez geschaffen ist. Mit bewundernswerter Leichtigkeit beherrschte sie alles, was ihr das Gerät ermöglichte. Was sie in der Luft leistete, stellte Carolin Liesegang ebenbürtig mit ihrem Cyr Wheel dar. Fast berührungslos schien der gewaltige Ring um die junge Frau zu kreisen und beide drehten sich umeinander, sodass einem schon beim Zusehen schwindelig wurde.

Weniger gigantisch waren die Geräte von Leonie Ihrig. Ihre silbernen Hula-Hoop-Reifen haben die Hüften der jungen Frau wahrscheinlich noch nie berührt. Dafür aber kreisten sie beispielsweise um einen hoch ausgestreckten Fuß, während die Artistin schlangenartig mit dem anderen ihr Gesicht auf dem Boden berührte.

Die Jonglage mit springenden Bällen beherrscht Pascal von Ow wie kaum ein anderer. Diese auch Bouncing-Jonglage genannte Disziplin erfordert den schnellen Rundblick und eine Super-Reaktionszeit. Von Ow hat beides, und die Zuschauer waren begeistert.

Die jüngste Künstlerin der Show-Truppe ist Taja Götz. Mit ihrer Cloud-Bungee-Schlaufe zeigte sie in luftiger Höhe atemberaubende Tricks. Im einsetzenden Dämmerlicht schien sie in allen möglichen Körperverrenkungen förmlich in der Luft zu schweben.

Er besaß bereits den Bachelor im Maschinenbau, als er in die Artistenschule wechselte. Jonas Roth machte sein Hobby mit Einrad und Jonglage zum Beruf. An der „KuSch“ zeigte er seine Künste mit dem Diabolo. Während andere bereits mit einem Kegel ihre Mühe haben, setzte er gleich drei auf einmal ein und wirbelte sie um sich herum.

Der Pezziball ist die Welt von Monique Schröder. Im jungen Ensemble des Friedrichstadt-Palasts in Berlin begann sie ihre Karriere, sie wechselte zum Kunstturnen und dann zur Artistik. Ihre Vorstellung vom Umgang mit dem luftgefüllten Gymnastikball unterscheidet jedoch Welten von denen eines Normalverbrauchers.

Wie ästhetisch Rollschuhlauf sein kann, zeigte Joone Dankou: federleicht ihre Akrobatik und anmutig der Lauf. Auch sie wirkte bereits während ihrer Ausbildung im jungen Ensemble des Friedrichstadt-Palasts mit.
Insgesamt sahen die Zuschauer eine eigenwillig choreografierte Show mit vielen ruhigen Momenten. Man darf gespannt sein, wie viele Artisten dieses Jahrgangs dann künftig auf den Varieté-Bühnen dieser Welt auftauchen werden.
(Von Siegfried Gerdau)

 

 

 

Gert Fabritius