Lieder als Filme für die Ohren

Lieder als Filme für die Ohren

Zwei komplette Musiker, die mit ihrem Liedern, die die Welt umarmen, mehr braucht es nicht, um Menschen zumindest für einen Abend glücklich zu machen. So geschehen  auf der Kulturzauber-Bühne der Kusch, wo der Kölner Songschreiber, Sänger und Multi-Instrumentalist Purple Schulz, begleitet von dem virtuosen Gitarristen Markus Wienstroer, bei ihrem Debüt in Herborn für Gänsehautmomente sorgten.

Kuschelig fand Purple Schulz die Atmosphäre rund um die KuSch, freudig überrascht zeigte er sich von einem begeisterungsfähigen Publikum, das in seinen Songs mehr als nur bloße Unterhaltung, sondern auch wundervolle Reisebegleiter durch das Leben sah. Auch nach über drei Jahrzehnten haben seine alten Songs, die in Text und Musik stets den richtigen Ton treffen, nichts von ihrer Aktualität eingebüßt. Kombiniert mit ein paar neuen Titeln lieferte der kölsche Jung mit der unverwechselbaren Stimme einen Auftritt ab, der allen, die ihn erleben durften, wohl noch lange in guter Erinnerung bleiben wird.

„Dass ich einmal ein Konzert mit einem Lied von Udo Jürgens eröffnen würde, daran hätte  ich früher nie gedacht“, ließ sich Purple Schulz über „Bis ans Ende meiner Lieder“ vernehmen, dem wohl schönsten Song des begnadeten Liedermachers. Der hätte sich über die mit inniger Leidenschaft und großer Inbrunst vorgetragene Version des Kölners, garantiert gefreut. „Ich will die Unbequemlichkeit und auch die Träumerei. Ich will die große Melodie, die über alle Grenzen geht“, hieß es im Text, der exemplarisch  für den weiteren Verlauf des Abends stand.

Unaufgeregt auf seinem Stuhl verweilend, ließ sich der Saitenkünstler (Gitarre, Banjo, Violine) Markus Wienstroer mit unüberhörbar erlesener Klangfülle vernehmen, während  Purple Schulz an den Keyboards, mit der Blues-Harp und einer 16-saitigen Harpejji, das – durch Tappen oder Zupfen gespielt – wie eine Mischung aus Gitarre und Klavier klingt, der aus den Fugen geratenen Welt Mores lehrte. Ohne belehrenden Eifer gemahnte er in „Wir sind alle ein Welt“ an die Bewahrung unserer Lebensgrundlage zu denken, die nicht zuletzt nur durch Solidarität und gemeinsames Handeln  erhalten werden kann.

Die Liebe und das Leben mit all seinen Facetten feierte Purple Schulz in der mit rhythmischer Power aufgeladenen Rock’n’Roll-Nummer „Du bist da“ und im romantisch klingenden „Nur mit dir“ ab, während er dem Protestsänger in ihm mit Titeln wie „Es reicht“ und der im Monty Python-Stil vorgetragenen  Predigt „Da denkste jetzt mal drüber nach“ Rechnung trug.

Die Musikschätze, die Ohrwümer und Hymnen des Purple Schulz wurden nicht nur frenetisch beklatscht, sie wurden mitgesungen, als Fest des Lebens zelebriert. Dazu erzählte der Kölner Geschichten und Anekdoten aus seinem Leben, wobei er stets die passenden Worte zu den richtigen Tönen traf.

Die Hitparade des Purple Schulz landete unweigerlich bei „Sehnsucht“, „Ich will raus“„Verliebte Jnngs“ und „Kleine Seen“, die wohl nie Patina ansetzen werden. Kein Wunder bei Textzeilen wie: „Sie sind dir – meine Tränen. Alles Was ich hab Kleine Seen…Spring doch rein! Du wirst sehen: Das Wasser ist nicht tief, Du kannst drin stehen.“

Die Purple-Schulz-Gemeinde jedenfalls stand knietief im Fahrwasser des rheinischen Poeten, folgte nur zu gern seiner Aufforderung, keinen einzigen Tag des Lebens nutzlos verstreichen zu lassen. Seiner Frau Eri, die in Herborn ihren Geburtstag feiern konnte, widmete er die einfühlsame Ballade „Immer nur leben: „Solange ich Dich hab‘, hab‘ ich noch Liebe. Solange ich Dich noch hab‘, hab‘ ich noch Mut…. Sich dem Augenblick ergeben. Jeden Tag. So, als ob’s der letzte wär.“  Schöner geht’s nimmer.

Bis zum Schluss  demonstrierte Purple Schulz, dass sich gute Unterhaltung und Tiefgang nicht gegenseitig ausschließen müssen. Seine Lieder sind Filme für die Ohren, die kein Happy End vorgaukeln, aber immer mit einem Lächeln nach Hause begleiten.

 

 

Gert Fabritius

Helmut Blecher