Schluss mit dem lieblosen Nebeneinander

Schluss mit dem lieblosen Nebeneinander

Wenn es in der Ehe nicht mehr richtig klappt könnte die Komödie „Glücks-Therapie der Herborner Kulturscheune weiterhelfen. Das Stück scheint mitten aus dem Leben gegriffen.

Was macht man, wenn man sich nach achtjähriger Ehe nicht mehr viel zu sagen hat, nichts mehr gemeinsam unternimmt und auch beim Sex die Luft raus ist? Man geht zum Scheidungsanwalt oder zu einer Paartherapie. Für Alice ist die Sache klar, eine Therapie soll ihre Ehe mit Peter retten. „Was soll der Quatsch“, sagt Peter, der die Kosten von 3000 Euro für reine Geldverschwendung hält.

Ohne großes Vorgeplänkel werden die Zuschauer, die sich am Freitagabend zur Premiere der Komödie „Glücks-Therapie“ des britischen Autors Eddie Cornwell in der Herborner Kulturscheune eingefunden haben, in einen Strudel aus großen und kleinen Ehevergehen hineingezogen. Und siehe da, was Alice und Peter ihrer Therapeutin Kerstin auftischen, ist die Blaupause für zahllose Paare, die nach einer gewissen Zeit keine Lust mehr auf gemeinsame Abenteuer haben.

Dem lieblosen Nebeneinander, der Langeweile und der Routine sagt Alice den Kampf an. Sie will ihren alten Peter zurück, der sich ihren zärtlichen Annäherungsversuchen schroff und uncharmant entzieht. Peter geht nur widerwillig zu den Sitzungen mit. Er fühlt sich dazu genötigt. „Wir können unsere Probleme auch Zuhause regeln'“, erklärt er. Als er erfährt, dass es sich um eine Sexualtherapeutin handelt, der er nun seine intimsten Gefühle preisgeben soll, gerät er vollends aus dem Häuschen. Doch Alice setzt sich durch, und so entfalten sich auf der KuSch-Bühne Szene einer Ehe, wie sie in vielen deutschen Schlafzimmern Gang und gäbe sein könnten.

Kerstin bohrt unerbittlich im intimen Eheleben von Alice und Peter herum, die sich in „Zeiten der Dürre“ befinden. Die Wiederherstellung der Lust auf- und aneinander gelingt schließlich mit einem Trick. Am Ende ist das Paar nach einer tollen Nacht selig: „Wir haben genug erzählt“, befindet Peter.

Unter Corona-Bedingungen ist es dem hauseigenen Dramaturgen Holger Heix gelungen, die urkomischen Situation und Dialoge neu bearbeitet und inszeniert auf die Bühne zu bringen und für 90 Minuten feinster Unterhaltung zu sorgen: Die Akteure taten das ihre dazu.

Thomas Jopp als griesgrämiger Peter schlüpfte mit blendender Spiellaune in seine Rolle, die ihm wie auf dem Leib geschneidert war, um sein komödiantisches Talent voll auszuspielen. Miriam Peuser als seine Frau Alice, zeigt – wie im richtigen Leben – dass man mit Nachdruck und Ausdauer letztlich zum Ziel kommt. Sie vermochte im Verlauf des Spiels immer mehr eins mit ihrem Bühnen-Ich zu werden. Sofie Hirth als coole Therapeutin Kerstin demonstrierte, wie man einen unsympathisch wirkenden Part mit tougher Spielfreude aufwertet.

Die „Glücks-Therapie“-Aufführungen wurden abwechselnd von jeweils einem Team gespielt. In die Rolle des Therapeuten schlüpft dann Albert Follert, während das wirkliche Ehepaar Thomas und Susanne Schlabach sich als Peter und Alice auch auf der Bühne sehr nahekommen konnte.

(Alle Fotos: Gert Fabritius)

 

 

Gert Fabritius

Helmut Blecher